Anwaltsberuf international

Als deut­sche Anwältin in die Schweiz

von Charlotte Rosenkranz, LL.M.Lesedauer: 5 Minuten

Nach zwei Staatsexamen noch eine Prüfung in der Schweiz? Charlotte Rosenkranz hat die erfolgreich absolviert und ist jetzt Anwältin in Zürich. Sie berichtet, was man beim Wechsel in die Schweiz sonst noch beachten muss.

Für mich stand schon früh aus privaten Gründen fest, dass ich als deutsche Anwältin in die Schweiz gehen würde – aber mir war auch wichtig, vorher meine in Deutschland begonnene juristische Ausbildung abzuschließen. Also habe ich mein Referendariat und das zweite Staatsexamen in Frankfurt gemacht und danach begonnen, als ausländische Anwältin in der Schweiz zu arbeiten. Nach einem Jahr Berufstätigkeit habe ich dann die Eignungsprüfung für ausländische Anwält:innen in Zürich abgelegt.

Diese Zeit war eine wertvolle Erfahrung: Ich konnte mich mit dem Schweizer Recht, den Besonderheiten in der juristischen Sprache und generellen Verfahrensabläufen vertraut machen. Außerdem konnte ich so Geld für die spätere Prüfung im schweizerischen Recht und meinen Lebensunterhalt während der Lernphase zur Seite legen.

Deutsche Anwältinnen und Anwälte haben verschiedene Möglichkeiten, um in der Schweiz tätig zu werden. Für welche davon man sich entscheidet, ist eine Typfrage und hängt auch davon ab, zu welchem Zeitpunkt der eigenen Karriere man sich für den Schritt ins Ausland entscheidet.

Rechtsgrundlage für eine Tätigkeit in der Schweiz ist das Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (BGFA). Danach dürfen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte aus der Europäischen Union (EU) und den Staaten der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) Island, Liechtenstein und Norwegen dauerhaft, das heißt länger als 90 Tage im Kalenderjahr, in der Schweiz arbeiten. Kantonale Anwaltsgesetze und Prüfungsordnungen ergänzen das BGFA und treffen weitere Regelungen zur Zulassung zum Anwaltsberuf und zu Prüfungen.

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Wege zur Anwaltstätigkeit in der Schweiz

Jurist:innen aus Deutschland, die in der Schweiz arbeiten möchten, haben hierfür mehrere Wege zur Auswahl.

Für die erste Variante braucht man viel Geduld: Interessierte müssen sich nach abgeschlossenem Studium um ein Praktikum bei einer Kanzlei oder einem Gericht in der Schweiz bewerben und im Anschluss die reguläre Anwaltsprüfung ablegen. Danach können sie sich im kantonalen Anwaltsregister eintragen lassen. Die Schweizer Anwaltsprüfung sollte dabei nicht unterschätzt werden. Prüfungskandidaten im Kanton Zürich lernen meist ca. fünf Monate für die schriftliche Prüfung und nochmals vier bis fünf Monate allein für die mündliche Prüfung.

Außerdem können Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte aus Deutschland in der Schweiz die Eintragung auf die Liste ausländischer Anwälte und Anwältinnen der kantonalen Aufsichtskommission beantragen. Wenn sie drei Jahre lang ihren Beruf ständig in der Schweiz ausgeübt oder, nach kürzerer Berufstätigkeit, ein Gespräch über die beruflichen Fähigkeiten erfolgreich absolviert haben, können sie in der Schweiz zugelassen werden.

Eine weitere Möglichkeit ist es, das zweite Staatsexamen in Deutschland zu absolvieren und dann in der Schweiz noch eine sogenannte Eignungsprüfung abzulegen. Bei erfolgreichem Bestehen können sie sich ebenfalls in das kantonale Anwaltsregister eintragen lassen.

Als ausländische Anwältin in der Schweiz arbeiten

Ausländische Anwälte und Anwältinnen, die ständig in der Schweiz Mandanten vor Gerichtsbehörden vertreten möchten, dürfen dies tun, wenn sie bei der kantonalen Aufsichtsbehörde eingetragen sind (Art. 27 BGFA). Diese Liste nach Art. 28 BGFA wird in jedem Kanton von der zuständigen Aufsichtskommission geführt. Genauere Angaben hierzu lassen sich bei den jeweiligen Aufsichtskommissionen finden. Wichtig ist, dass sie vor dem Wechsel in Deutschland als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt zugelassen sind.

Mit der Eintragung in die Liste nach Art. 28 BGFA dürfen sie dann unter ihrer ursprünglichen Berufsbezeichnung vor Schweizer Gerichten auftreten. Wer, wie in Deutschland sowie im deutschsprachigen Teil der Schweiz üblich, die Berufsbezeichnung "Rechtsanwältin" oder "Rechtsanwalt" führt, muss dabei auf die Eintragung nach Art. 28 BGFA hinweisen.

Man ist damit den in den kantonalen Anwaltsregistern eingetragenen Anwälten und Anwältinnen jedoch nicht vollständig gleichgestellt: Besteht Anwaltszwang (beispielsweise wenn eine Partei offensichtlich nicht im Stande ist, einen Prozess selbst zu führen), darf man nur im Einvernehmen mit Schweizer Kolleg:innen handeln (Art. 27 Abs. 2 i.V.m. Art. 23 BGFA).

Eignungsprüfung in der Schweiz

Der dritte Weg zur Anwaltszulassung in der Schweiz ist wohl der schnellste, mitunter aber auch der anstrengendste: Nach dem zweiten Staatsexamen in Deutschland folgt eine sogenannte Eignungsprüfung nach Art. 31 BGFA. Eine vorherige Eintragung nach Art. 28 BGFA oder Berufserfahrungen in der Schweiz sind nicht notwendig. Voraussetzung sind aber das erste Staatsexamen bzw. der Nachweis über den Abschluss eines mindestens dreijährigen Hochschulstudiums sowie das Zeugnis des zweiten Staatsexamens.

Die Eignungsprüfung ähnelt der Anwaltsprüfung für Schweizer Jurist:innen. Allerdings gibt es keine Klausuren, sondern nur eine mündliche Prüfung. Dadurch spart man etwa drei bis sechs Monate, die die Prüflinge sonst mit der Vorbereitung und dem Warten auf das Prüfungsergebnis verbringen würden.

Im Gegensatz zur normalen Anwaltsprüfung werden aber nur diejenigen Rechtsgebiete geprüft, die sich wesentlich von den Prüfungsgegenständen im Rahmen der Ausbildung der Kandidat:innen in ihrem Herkunftsstaat unterscheiden. Im Kanton Zürich sind dies in der Regel Staats- und Verwaltungsrecht, Zivil- und Strafprozessrecht, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht sowie Anwaltsrecht.

Eine Prüfungsgruppe besteht im Kanton Zürich nur aus einem oder zwei Kandidat:innen. Bei der Anwaltsprüfungskommission kann man sich über freie Termine informieren und sich zur Prüfung anmelden. Die Prüfungskommission teilt die formellen Anforderungen an eine Anmeldung mit. Im Kanton Zürich sind diese in § 10 der Prüfungsordnung des Obergerichts festgelegt.

Stresspegel wie in der Examensvorbereitung

Für die Vorbereitung auf die Eignungsprüfung muss jeder abwägen, wie viel Zeit eingeplant wird. Manche lassen sich freistellen und nehmen unbezahlten Urlaub für die Vorbereitungszeit, manche arbeiten in Teilzeit weiter. Welche Lösung man wählt, kann am besten individuell mit dem Arbeitgeber besprochen werden. In jedem Fall sollte man entsprechende Rücklagen für den Lebensunterhalt in dieser Zeit haben.

Für diejenigen, die mit einer Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz wohnen, stellt sich die Herausforderung, dass diese meist an die fortbestehende Beschäftigung geknüpft ist. Auch das sollte man unbedingt in die Planung einbeziehen.

Für Informationen und Lernmaterialien kann man sich gut bei Kolleginnen und Kollegen und auch über Plattformen im Internet wie www.rechtsanwaltspruefung.ch informieren. Die Prüfung an sich und die Vorbereitung hierauf haben mich in Ablauf und Prüfungsdruck sehr an meine beiden mündlichen Staatsexamina erinnert. Unabdingbar für mich war aber die Vorbereitung der Prüfungsprotokolle mit meinem "Gspännli" zusammen. Wie immer gilt, dass neben sorgfältiger Vorbereitung auch ein bisschen Glück für die Prüfung nicht schadet.

Ob man sich am Ende für die Eignungsprüfung entscheidet oder sich einen anderen Weg zur Berufstätigkeit in der Schweiz sucht: Nationale Grenzen sind jedenfalls kein Hindernis, um auch in der Schweiz als Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin zu arbeiten.

Charlotte Rosenkranz, LL.M. ist Rechtsanwältin bei Pestalozzi Attorneys at Law in Zürich. Sie wurde im Jahr 2019 in Deutschland als Rechtsanwältin zugelassen. Im Sommer 2020 hat sie die Eignungsprüfung für ausländische Anwältinnen und Anwälte in der Schweiz abgelegt.

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