Fachanwalt für Verwaltungsrecht

"Titel zieht stark Mandanten an"

von Jens KahrmannLesedauer: 4 Minuten
Nur rund 1.500 Menschen in Deutschland dürfen sich Fachanwalt für Verwaltungsrecht nennen. Damit bietet der Titel den Advokaten die Chance, sich von anderen abzuheben und auf dem Markt der Rechtsdienstleistungen zu punkten. Was der ambitionierte Jurist tun muss, um zum zertifizierten Experten für Verwaltungsrecht zu werden und ob sich der Aufwand lohnt, weiß Jens Kahrmann.

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Das Verwaltungsrecht umfasst eine große thematische Bandbreite. Auf dieses Gebiet spezialisierte Anwälte sind die Ansprechpartner der Wahl, wenn beispielsweise der Wagen zu Unrecht in den Autoknast verbracht wurde oder der Dorfbauer seine Schweinefarm derart vergrößert, dass sich beim Frühstücken auf der heimischen Veranda der Mistgeruch gegen den Duft der leckeren Marmelade durchsetzt. Wer Fachanwalt in diesem Bereich werden will, muss gemäß Fachanwaltsordnung (FAO) ein Minimum an praktischen Erfahrungen gesammelt haben – nämlich bei einer mindestens dreijährigen, einschlägigen Tätigkeit als zugelassener Anwalt. Konkret muss der Fachanwaltsanwärter dabei mindestens 80 Fälle in Eigenregie bearbeitet haben, von denen 50 vor Gericht gelandet sein müssen. Und damit er nicht Gefahr läuft, zum Fachidioten zu verkommen, bestimmt § 5 Abs. 1 lit. a) FAO, dass die Fälle aus mindestens drei Gebieten des besonderen Verwaltungsrechts stammen müssen.

Kein drittes Staatsexamen

Neben hinreichenden Praxiserfahrungen setzt der Fachanwaltstitel fundierte theoretische Kenntnisse voraus. § 8 FAO verlangt, dass der Fachanwalt im allgemeinen Verwaltungsrecht ebenso fit ist wie im Verfahrensrecht und dem Recht der öffentlich-rechtlichen Ersatzleistung. Und auch in mindestens zwei Gebieten des besonderen Verwaltungsrechts muss er über ausgeprägte Kenntnisse verfügen. Um dies nachzuweisen, muss der Fachanwalt in spe einen Lehrgang über 120 Zeitstunden besuchen und drei Klausuren bestehen. Die Klausuren sind meist ein Mix aus Fragen und kleinen Rechtsfällen, aber trotzdem alles andere als trivial. Rechtsanwalt Daniel von Bronewski von der Anwaltsakademie des Deutschen Anwaltvereins weiß zu berichten, dass gerade junge Kollegen Probleme mit den Klausuren haben. "Die Klausuren gehen nämlich weit über das hinaus, was im Examen gefordert wird", sagt er und beruhigt gleichzeitig: "Ein drittes Staatsexamen ist es aber trotzdem nicht. Wer durchfällt, holt die Klausur in einem anderen Kurs nach. Theoretisch kann man die Klausur sogar beliebig oft wiederholen, aber dass jemand mehr als einmal nicht besteht, habe ich noch nicht erlebt." Wer alle Klausuren erfolgreich hinter sich gebracht hat und die Praxisanforderungen erfüllt, kann bei seiner Kammer den Titel beantragen. Selten wird vor der Verleihung des Titels noch ein Fachgespräch gem. § 7 Abs. 1 FAO – eine Art mündliche Prüfung – durchgeführt. Dies kommt laut Daniel von Bronewski nur vor, wenn die schriftlichen Einreichungen nicht hinreichend aussagekräftig sind. "Wichtiger ist, dass je nach Kammer zwischen Antragstellung und Titelverleihung bis zu einem halben Jahr vergehen kann."

Fortbildung gegen eingerostete Kenntnisse

Wer den Titel endlich hat, kann sich allerdings nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen. Fachanwälte müssen jährlich mindestens zehn Stunden an Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen. Die Vielzahl an Anbietern ist kaum zu überblicken und das Spektrum der angebotenen Veranstaltungen reicht vom Seminar am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg bis zur eher schlichten Theorieveranstaltung an der eigenen Rechtsanwaltskammer. Anstelle des Besuchs solcher Veranstaltungen kann der Fachanwalt wissenschaftlich publizieren und dadurch seiner Fortbildungspflicht nachkommen. Dies kommt laut Daniel von Bronewski aber eher für Leute in Betracht, die bereits in der Literatur mehr oder weniger etabliert sind. "Ob die publizistischen Tätigkeiten jeweils die Fortbildung ersetzen können, hängt immer vom Einzelfall ab. Denn Beiträge in Fachzeitschriften sind vom Inhalt und Umfang oft sehr unterschiedlich." Schließlich gibt es alternativ auch noch die Möglichkeit, sich als Dozent zu betätigen und somit noch andere von seinem Tun unmittelbar profitieren zu lassen.

Lohnenswerte Investition in eigene Zukunft

Wer sich den Fachanwaltslehrgang nicht gerade von der Arbeitsagentur bezahlen lässt, muss neben Zeit und Mühe auch Geld in die Hand nehmen: Zwischen 2.000 und 2.500 Euro kostet die Weiterbildungsmaßnahme. An der Hagener Law School ist der Lehrgang bereits ab 1.500 Euro zu haben - die Vergünstigung wird allerdings mit einem Verzicht auf Präsenzlehrveranstaltungen erkauft. Hinzu kommen die jährlichen Fortbildungen, die zwischen 300 und 500 Euro kosten. Schlussendlich werden für den Antrag auf Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung Gebühren von der jeweiligen Rechtsanwaltskammer erhoben, die sich in einem ähnlichen Bereich bewegen. Fachanwalt für Verwaltungsrecht Dr. Sebastian Roling von der Osnabrücker Kanzlei Roling & Partner bereut den Schritt zur Berufsqualifikation gleichwohl nicht: "Der Fachanwaltstitel zieht unheimlich stark Mandanten an. Außerdem hat der Lehrgang mir wirklich Spaß gemacht. Und die dort ausgegebenen Unterlagen sind so gut, dass ich heute noch zum Teil mit ihnen arbeite." Wer nun auf den Geschmack gekommen ist, sollte einen Blick auf die Internetseite der zuständigen Rechtsanwaltskammer werfen. Diese hält üblicherweise Zusatzinformationen sowie Antragsformulare vor.

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