Remote Working aus dem Ausland

Arbeit aus der Strandbar

Gastbeitrag von Michaela Felisiak und Martina SchlampLesedauer: 5 Minuten

Arbeiten funktioniert in vielen Berufen von überall. Loggen sich Beschäftigte also demnächst vom Strand in die Meetings ein? Besser nicht, erklären Michaela Felisiak und Martina Schlamp – und erklären auch die Gründe. 

Auch wenn die Corona-Pandemie zahlreiche Einschränkungen mit sich gebracht hat, hat sie im Arbeitsleben schlagartig zu mehr Freiheiten für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen geführt. Ohne die Pandemie hätten sich Homeoffice bzw. Mobilarbeit in der Form nicht so schnell durchgesetzt. Ein Fortschritt, der sich kaum mehr aufhalten lässt. Dank der mittlerweile geschaffenen technischen Voraussetzungen können Beschäftigte – soweit es ihre Tätigkeit zulässt – nunmehr von überall arbeiten. Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass dies zur Normalität geworden ist.  

Je länger die Pandemie jedoch andauert umso mehr häufen sich die Fälle, in denen Mitarbeitende nicht mehr nur in Deutschland, sondern auch mobil im Ausland arbeiten möchten - oder dies bereits eigenmächtig machen. Die Gründe hierfür sind vielfältig, sei es, dass Beschäftigte für bestehende Quarantänepflichten an ihrem Urlaubsziel nicht zusätzliche Urlaubstage verwenden oder Mitarbeitende längere Zeit bei ihren Familien im Ausland verbringen wollen. Hierbei wird jedoch oft übersehen, dass für die Unternehmen sogar bei einer nur vorübergehenden Tätigkeit im Ausland zahlreiche rechtliche Risiken drohen können.  

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Ungewollte Betriebsstätte im Ausland und weitere Fallstricke 

Ein Thema, das Unternehmen nun verstärkt beschäftigt, ist aus steuerlicher Sicht das Risiko der Begründung einer Betriebsstätte im Ausland und die Frage, in welchem Land der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die Lohnsteuer abzuführen hat. Dies ist aber nur die Spitze des Eisbergs.  

Auch sozialversicherungsrechtliche, arbeitsrechtliche und unter Umständen auch aufenthaltsrechtliche Risiken sowie mögliche Themen in Bezug auf vergebene Lizenzen für von Mitarbeitenden verwendeten Programme führen aus Arbeitgebersicht zu zahlreichen Risiken, die sich kaum überschauen und nur schwer bzw. nur mit einem enormen Verwaltungsaufwand handhaben lassen.  

Bevor Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen eine mobile Tätigkeit aus dem EU-Ausland gestatten, wäre außerdem zu klären, ob hierfür lokale Meldepflichten in dem jeweiligen EU-Land eingehalten werden müssen. Ob eine Meldepflicht auch für eine vorübergehende mobile Tätigkeit aus dem Ausland besteht, ist derzeit ungeklärt und müsste in jedem Land geprüft oder mit den zuständigen Stellen geklärt werden. Auch wäre weiter zu prüfen, ob die jeweiligen Arbeitsbedingungen vor Ort bei der Tätigkeit eingehalten werden müssen.  

Neue Dienstleister – die Lösung des Problems? 

Den hohen Aufwand und die Unsicherheiten der Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen, die vorübergehende Tätigkeiten der Beschäftigten im Ausland mit sich bringen, haben sich nun manche zum Geschäftsmodell gemacht. So tauchen in Zusammenhang mit diesen Themen in den vergangenen Monaten vermehrt neue Dienstleister am Markt auf, die scheinbar die Lösung für Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen parat haben und diesen suggerieren, dass eine mobile Tätigkeit aus dem Ausland unproblematisch ist.  

Diese neuen Geschäftsmodelle bieten dabei unterschiedlichste Services an. Diese betreffen nicht nur die Unterstützung bei kurzzeitigen Tätigkeiten von Mitarbeitern aus dem Ausland, sondern dadurch soll auch die Möglichkeit eröffnet werden, dass Mitarbeiter für deutsche Arbeitgeber dauerhaft aus dem Ausland arbeiten. Eine dauerhafte Tätigkeit aus dem Ausland ist zum einen für Arbeitgeber bei der Neueinstellung von Arbeitnehmern interessant, da sich dadurch der Markt für potenzielle Arbeitskräfte erweitert, aber auch für Mitarbeiter, die ursprünglich aus anderen Ländern stammen und nur für den Arbeitsplatz nach Deutschland gekommen sind.  

Die neuen Dienstleister bieten hierfür die Anstellung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen über eigene Niederlassungen im Ausland an, die dann für das Unternehmen in Deutschland (remote) aus dem Ausland tätig werden. Auch für kürzere Einsätze im Ausland bieten Dienstleister den Service einer vorübergehenden Anstellung bei einer lokalen Gesellschaft an, um den vorgenannten Risiken (Betriebsstätte, Arbeitsbedingungen, sozialversicherungsrechtliche Themen – darunter auch die Frage, ob die Unfallversicherung im Ausland greift etc.) vermeintlich zu begegnen. In den meisten Konstellationen wird der Dienstleister alleiniger Arbeitgeber der Mitarbeitenden, obwohl sich an der auszuübenden Tätigkeit für das deutsche Unternehmen nichts ändert. Der Dienstleister übernimmt dadurch nicht nur alle Pflichten, sondern auch die vorgenannten Risiken (insbesondere steuerliche, sozialversicherungsrechtliche und arbeitsrechtliche Risiken).  

Fachliche Weisungen sind veraltet 

Dies mag für manche Unternehmen auf den ersten Blick die Lösung für die mit Auslandsaufenthalten verbundenen Schwierigkeiten sein. Übersehen wird dabei jedoch ein ganz anderes Problem: Bei solchen Konstellationen, in denen Beschäftigte im Ausland bei Dienstleistern angestellt sind, aber für das Unternehmen in Deutschland tätig werden, besteht ein hohes Risiko, dass dies nunmehr auch als (grenzüberschreitende) Arbeitnehmerüberlassung gewertet wird.  

Zwar scheint auf den ersten Blick das deutsche Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) hier keine Anwendung zu finden. Es gilt grundsätzlich das Territorialitätsprinzip, so dass das AÜG eigentlich nur gelten würde, wenn Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerinnen zur Arbeitsleistung in bzw. nach Deutschland überlassen werden.  

Auch nach den Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zum AÜG wird der Verleih an einen inländischen Entleiher durch einen ausländischen Verleiher nicht vom AÜG erfasst, wenn der Leiharbeitnehmer oder die Leiharbeitnehmerin ausschließlich im Ausland eingesetzt wird. Allerdings wurden dabei diese "neuartigen" Fallkonstellationen nicht berücksichtigt, die Fachlichen Weisungen sind insoweit veraltet. Denn diese beziehen sich ausschließlich auf Fälle, bei denen die Arbeitsleistung zwingend an einem bestimmten Ort (im Ausland) erbracht werden muss, d.h. die körperliche Anwesenheit der Beschäftigten an dem Ort erforderlich ist und die sich daher nicht wesentlich auf den deutschen Arbeitsmarkt auswirken.  

Risiko der Anwendbarkeit des AÜG  

Die Bundesagenturen für Arbeit vertreten aber in Bezug auf die oben genannten Konstellation von Mobilarbeit im Ausland über einen Dienstleister nunmehr die Auffassung, dass derartige Fälle bislang nicht bedacht wurden und das AÜG wegen des Schutzzweckes auch dann Anwendung findet, wenn Tätigkeiten im Ausland für deutsche Unternehmen erbracht werden und es sich um Tätigkeiten handelt, die nicht an einen bestimmten Ort gebunden sind, sondern von überall (remote) erledigt werden können.  

Diese Einschätzung ist mit hohen Risiken für die deutschen Arbeitgeber verbunden, auch wenn das Entdeckungsrisiko sich zunächst als gering darstellen mag. Besitzt der Dienstleister keine Erlaubnis zur Überlassung, kommt grundsätzlich ein Arbeitsverhältnis mit dem deutschen Unternehmen zustande. Der Versuch der deutschen Unternehmen, die oben genannten Risiken in Bezug auf Betriebsstätte, Arbeitsbedingungen, Sozialversicherung etc. zu umgehen, ist in diesen Fällen dann gescheitert.  

Darüber hinaus könnte sich beispielsweise der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin selbst im Ausland darauf berufen, ein Arbeitsverhältnis mit dem deutschen Unternehmen zu haben, wenn er dadurch Vorteile für sich sieht. 

Versicherungsbeiträge im Ausland 

Interessant ist in dem Zusammenhang auch ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urt. v. 03.06.2021, Az. C-784/19). Danach besteht für Leiharbeitsunternehmen im Einzelfall die Gefahr, dass sie für die Beschäftigten, die sie an Unternehmen in anderen Mitgliedstaaten überlassen, dort Sozialversicherungsbeiträge abführen müssen. Das gilt jedenfalls dann, wenn sie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen ausschließlich oder hauptsächlich an Unternehmen mit Sitz in einen anderen Mitgliedstaat verleihen und keine nennenswerte Tätigkeit im Land ihrer eigenen Niederlassung ausüben.  

Denkbar wäre theoretisch auch, dass diese Entscheidung auf die zuvor genannten Fallkonstellationen übertragen wird. Denn der EuGH wollte mit dieser Entscheidung verhindern, dass (Leiharbeits-)Unternehmen das für sie günstigere Sozialversicherungssystem wählen und auch der Gefahr der Wettbewerbsverzerrung gegenüber den Unternehmen begegnen, die keine Leiharbeiter einsetzen, sondern Mitarbeiter direkt einstellen. 

Vor dem Hintergrund dieser zahlreichen Risiken sollten Arbeitgeber überlegen, ob sie die Möglichkeiten für Mobilarbeit und Homeoffice ausdrücklich auf das Inland oder – auch im Hinblick auf den damit verbundenen Verwaltungsaufwand – auf bestimmte Länder innerhalb der EU beschränken. Die Einschaltung externer Dienstleister im Ausland bedeutet dabei nicht automatisch die Lösung aller Probleme, sondern kann in einzelnen Fällen die Risiken noch erhöhen. 

Die Autorinnen Dr. Michaela Felisiak und Dr. Martina Schlamp sind Anwältinnen bei Beiten Burkhardt in München und Mitglieder Praxisgruppe Arbeitsrecht. Sie beraten Ihre nationalen und internationalen Mandanten auf dem gesamten Gebiet des Arbeitsrechts. 

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