Online-Kurs Patentführerschein

Gewerblicher Rechtsschutz für das Volk

von Anna K. BernzenLesedauer: 4 Minuten
Nicht jeder mittelständische Unternehmer kann sich einen eigenen Patentreferenten leisten. Nicht jeder Hochschulforscher kennt sich mit dem Gesetz für Arbeitnehmererfindungen aus. Ein E-Learning-Angebot soll Ihnen Abhilfe schaffen: Im Online-Kurs "Patentführerschein" bekommen auch Interessenten ohne juristische Vorbildung einen Einblick in das Patentrecht in der Praxis. Anna K. Bernzen berichtet.

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Nein, der Katalog nicht patentierbarer Erfindungen in § 1 Abs. 3 des Patentgesetzes kommt nicht jeden Sommer frei ins Haus. Zu dieser juristischen Erkenntnis lässt es sich sicherlich auch ohne abgeschlossenes rechtswissenschaftliches Studium gelangen. Doch wann ein Uniforscher seine positive Publikationsfreiheit gem. § 42 Nr. 1 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen ohne Anzeige geltend machen kann, das weiß ohne entsprechendes Nachschlagewerk bei weitem nicht einmal jeder fertige Jurist. Beiden Fragen, jeweils mit vier mehr oder weniger seriösen Antwortmöglichkeiten versehen, stellte sich Hans-Christian Gräfe. Sicher, für seine Prüfung im Gewerblichen Rechtsschutz hätte er auch mit Lehrbuch und Gesetz bewaffnet in der Bibliothek lernen können. Doch der Münsteraner Student wollte mehr mitnehmen aus dem Schwerpunktstudium – und absolvierte den Patentführerschein.

Einstieg auf Anfängerniveau

Das Zertifikat und der dazugehörige Fernkurs, den das Institut für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht (ITM) in Münster mit der Patentvermarktungsgesellschaft Provendis anbietet, brachte bereits rund 4.000 Interessierten das Patentrecht nahe. Was ist überhaupt ein Patent? Was muss eine Erfindung dafür mitbringen? Und wie lange schützt ein Patent überhaupt? Mit diesen Grundlagen des Gewerblichen Rechtsschutzes beginnt der Kurs in Lektion eins, um sich dann zu spezifischen Fragen wie etwa den Arbeitnehmererfindungen vorzuarbeiten. Der Stoff ist in gut verdauliche Portionen unterteilt, die sich die Teilnehmer anhand von Skripten selber erarbeiten. Die Zwischentests, die am Ende jeder Lektion warten, sind mit diesen locker zu bestehen. Wer zudem die juristischen Feinheiten verstehen möchte oder schon Vorkenntnisse mitbringt, dem helfen Hinweise zu den entsprechenden Paragraphen und Querverweise auf vorherige Kapitel beim Wiederholen. Möchte man beispielsweise erfahren, wie in Deutschland ein Patent angemeldet wird, müssen dafür erst mal nur drei Absätze plus drei Stichpunkte durchgelesen werden. "Das Patenterteilungsverfahren beginnt mit der Anmeldung bei: Deutsches Patent- und Markenamt (DPMA), § 34 PatG", so steht es knapp im Skript. Und einen Absatz weiter: "Bei der Anmeldung ist die Erfindung genau zu bezeichnen." Doch klickt man auf das bunt unterlegte "Erfindung", erscheint in einem neuen Fenster die zitierfähige Definition. Direkt darunter: Ein Hinweis auf die Begriffe "Erfinderpersönlichkeitsrecht" und "Erfindungshöhe". Ein weiterer Klick und auch deren Definitionen erscheinen, Verweise auf verwandte Grundbegriffe und einschlägiges Gesetzesrecht inklusive.

"Spezielle Themen intensiver behandelt als in der Vorlesung"

Wer alle Kapitel bearbeitet und jeden Zwischentest bestanden hat, muss sich zuletzt einem umfangreichen Abschlusstest stellen. Dessen Fragen richten sich danach, ob sich die Patent-Fahrschüler zu Beginn für den Kurs "Wirtschaft" oder für "Wissenschaft" entschieden haben. Der Bereich "Wirtschaft" befasst sich, nach den Patentrechts-Grundlagen, die in beiden Kursen abgefragt werden, in Kapiteln wie "Verwertung und Verträge" etwa mit der Vermarktung von vielversprechenden Patenten. Er richtet sich daher vor allem an Mitarbeiter kleiner und mittlerer Unternehmen, die sich eigene Patentreferenten nicht leisten können. Im Kurs "Wissenschaft" wird zum Beispiel erklärt, wer von Erfindungen im Uni-Labor profitiert. Seine Zielgruppe: Mitarbeiter an Hochschulen und Universitäten, die in der Forschung tätig sind. "Diese speziellen Themen werden im Rahmen des Patentführerscheins intensiver behandelt als in der Vorlesung", erinnert sich Hans-Christian Gräfe. Zwei Wochen investierte er während seiner Klausurvorbereitung in den Patentführerschein. Rund zwei Stunden waren pro Lerneinheit veranschlagt. Das Skript lesen, den Zwischentest absolvieren, die nächste Lektion angucken. Der Student blieb deutlich unter der vorgegebenen Zeit. Kein Wunder, denn Matthias Försterling vom ITM erklärt: "Der Patentführerschein richtet sich auch an Einsteiger.* Teilnehmer mit gewissen Vorkenntnissen können sich schnell durch die Grundlagen klicken und mehr mit den Detailproblemen befassen." Das Institut von Professor Thomas Hoeren, an dem Försterling als geschäftsführender Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsstelle für Gewerblichen Rechtsschutz für das Angebot zuständig ist, liefert die rechtlichen Inhalte für den Kurs. Regelmäßig bringt es die Skripten auf den neuesten Stand. Gesetzesnovellen, neue Rechtsprechung: Im Patentrecht tut sich einiges, das rasch aufgenommen werden muss.

Zusatzpunkt für die Bewerbung?

Als der Patentführerschein nach der letzten Reform zur Überarbeitung drei Monate offline ging, war an den zahlreichen Nachfragen potentieller Teilnehmer zu spüren: Gerade der Kurs "Wissenschaft" mit seinem Fokus auf Arbeitnehmererfindungen und das Patentrecht in der Hochschul-Forschung erfreut sich großer Beliebtheit. Knapp 60 Prozent aller Absolventen haben sich in Vergangenheit durch seine Einheiten geklickt, während rund 40 Prozent sich für das Wirtschaftsmodul interessierten. Ingenieurswissenschaft-Dozenten, die ihre Studenten für den Führerschein anmelden, Arbeitgeber, die ihn ihren Angestellten aus Produktmanagement oder Marketing empfehlen, sogar Lehrer, die mit ihren Schülern das Patentrecht kennenlernen wollen. Marion Kubitza von Provendis glaubt: "Das in Deutschland einzigartige Bildungsangebot wird intensiv nachgefragt und in der Regel auch erfolgreich absolviert." Neben dem reinen Wissenserwerb ist das Zertifikat des Patentführerscheins, das vom ITM und Provendis für erfolgreiche Absolventen ausgestellt wird, für diese auch "ein Zusatzpunkt bei jeder Bewerbung", findet Matthias Försterling. Auch Hans-Christian Gräfe hat das Zertifikat auf seinem Xing-Profil aufgelistet, in der Kategorie "Qualifikationen", direkt unter seinen Erfahrungen bei den Model United Nations. Dass es auf seinem Lebenslauf hervorstechen würde, glaubt er aber nicht. "Eine nette Idee für Nichtjuristen", so schätzt er das Fortbildungsangebot ein. Ob die Teilnahme ihm für sein Jurastudium einen Bonus gebracht hat, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Dann schreibt er seine Abschlussklausur im Gewerblichen Rechtsschutz am ITM. Vermutlich wird es bei dieser keine vier Auswahlmöglichkeiten geben. * Anm. d. Red.: In der ursprünglichen Fassung lautete die Aussage, der Kurs richte "sich an absolute Einsteiger". Dies haben wir auf Wunsch des Interview-Partners am 07.02.2013 korrigiert, da der Kurs zwar für Einsteiger geeignet ist, sich aber auch an Fortgeschrittene richtet.

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