Personal Branding für Juristen

"Sich selbst ein wenig öffnen"

Interview von Tanja PodolskiLesedauer: 7 Minuten

Sich selbst als Marke zu etablieren, das kann auch schon für junge Juristen ein Weg in ein nutzbringendes Netzwerk sein. Liane Allmann erklärt im Interview, worum es geht und wie Personal Branding auf LinkedIn funktioniert.

LTO: Frau Allmann, Sie empfehlen für das Berufsleben, Personal Branding via Linkedin zu betreiben. Was ist das?

Liane Allmann: Im Personal Branding haben Sie die Möglichkeit, sich gezielt ein Netzwerk aufzubauen und sich dort sympathisch mit Ihrer eigenen Kompetenz und Haltung, als Mensch, als persönliche Marke, als der Unique Selling Point, zu präsentieren.

Professionell ist es dann, wenn ich mich bewusst dafür entscheide, wie ich mich selbst definiere, wie und in welchem Bereich ich im beruflichen Umfeld wahrgenommen werden möchte und mit welchen Themen. Dafür muss ich mir Gedanken über ein dahinter liegendes Ziel machen. Das kann zum Beispiel sein, mich für einen potenziellen Arbeitgeber attraktiv zu machen, oder aber auch Mandanten „zu treffen“ (targeting) und sie bewusst mit Informationen zu versorgen. Gerade Young Professionals könnten auch ein langfristiges Ziel haben, etwa eine eigene Kanzlei zu gründen, früh für Themen zu stehen und Fachthemen zu besetzen.

LinkedIn ist dafür eine gute Plattform: Es ist weniger steif als andere und professioneller und stärker ans Business angelehnt als etwa Facebook. Der Nutzer sieht sofort, welche Positionierung der andere hat und ob die andere Person vielleicht in der Kanzlei arbeitet, in der ich anlanden möchte. Außerdem kann man sehr schnell Interessen und Haltungen einschätzen. Dafür muss das Gegenüber natürlich "aktiv" sein. Mit Karteileichen, die es auf auch LinkedIn gibt, kann natürlich auch kein berufliches Leben gestalten.

Und was ist nun so "Personal" am "Branding"?

Personal Branding ist die emotionale Präsentation seiner selbst, seiner Kompetenzen und macht genau deshalb auch Kompetenz nachfühlbar im Sinne von "dem vertraue ich". Es geht natürlich nicht darum, sich besonders weich oder gefühlvoll darzustellen, sondern sich vielmehr mit der eigenen Persönlichkeit, mit den Themen und Meinungen zu präsentieren, für die man steht. So zieht man Menschen an, die eine gleiche innere Haltung haben. Gleichzeitig kann ich mich mit den Rechtsthemen in Verbindung bringen, die mein Thema sind – oder es werden sollen.

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"Emotionalität heißt nicht nur, Gefühle auszulösen, sondern sich als Mensch zu zeigen"

Wie kann das konkret aussehen?

Andere zu unterstützen oder einen Service zu bieten, das macht zum Beispiel immer einen guten Eindruck – vorausgesetzt, man bleibt authentisch und biedert sich nicht an. Wenn es etwa einen Referentenentwurf zum Datenschutz geht, der für meine Zielgruppe interessant ist, kann ich einen Post absetzen: "Die Immobilienwirtschaft sollte sich wappnen. Derzeit liegt ein Referentenentwurf von Datum X vor, der für Personen Die Real-Estate-Branche durchschütteln könnte. #datenschutz #immowirtschaft".

Wenn ich also von Emotionalität spreche, dann geht es mir nicht darum, beim Leser starke Gefühle auszulösen, sondern um meine Auswahl der Themen und die individuelle Art und Weise der Präsentation.

Noch ein Beispiel: Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Sterbehilfe habe ich einen Artikel verlinkt und dazu geschrieben: "Ich bin Witwe. Mein Mann starb als ich 40 Jahre alt war. Meine Tochter war drei. Ich habe ihn zu Hause gepflegt bis er eingeschlafen ist. Er starb mit 48 kg bei 1,98 m. Er hatte ein Pankreaskarzinom mit Metastasen in Lunge und Leber. Ich hätte gern Sterbehilfe geleistet und mein Mann hätte sich das gewünscht. Ich möchte nicht so sterben müssen, wie mein Mann es musste. Ich möchte die Möglichkeit haben, außerhalb von brachialen Methoden über meinen Tod zu bestimmen und in Würde zu gehen. Ich weiß, dass das ein sehr emotionales, polarisierendes Thema ist und ich danke Dr. Alexandra Windsberger für den bei der LTO so hervorragend platzierten Beitrag".

Der Post wurde sehr häufig gelesen. Warum? Weil mein persönliches Erleben und damit eine kaum erträgliche Nahbarkeit kombiniert wurde mit einer juristischen Exzellenz – hier von einer Habilitandin im Bereich Strafrecht.

Auf rein private Inhalte sollte man im Business-Kontext natürlich verzichten. Also: Bitte keine Urlaubsbilder im Bikini (… habe ich allerdings auch schon gesehen).

Welche Vorteile habe ich als Anwalt, wenn ich mich neben meinem Kanzleiprofil wie beschrieben auch selbst persönlicher präsentiere?

Sie haben den Vorteil, dass Ihre Kanzlei belebt wird.  Sie tritt damit heraus aus der kühlen Selbstdarstellung und zeigt die/den Menschen dahinter. Denn das reine Profil einer Kanzlei ist in aller Regel nicht anders, als reine Informationen – wer arbeitet für die Kanzlei, welche Rechtsgebiete beackert sie und Referenzen - sehr sachlich weiterzugeben. Kanzleien wirken in ihren Auftritten daher oft wie mit Teflon beschichtet.

Wenn sich aber ein Anwalt aus der Kanzlei menschlich präsentiert, macht das die Kanzlei insgesamt für Bewerber sympathischer. Wenn ein Partner aus der Sozietät eine Information also aufgreift, mit einer emotionalen Note versieht und in sein Netzwerk bringt, hat das nach meinem Dafürhalten eine ganz andere Wirkung. Der Anwalt und damit auch die Kanzlei präsentieren sich auf diese Art auch mit digitaler Kompetenz und sind Markenbotschafter für sich selbst.

Aber natürlich sind Kanzleiprofile neben denen der Anwälte nicht überflüssig. Es ist nur so, als wäre die Kanzleipräsentation die Hülle, das LinkedIn-Profil des Anwalts allerdings, ist das rauschende Blut.  Die Lebendigkeit einer Kanzlei und Ihrer Vertreter ist übrigens gerade im Recruiting-Bereich elementar. Da wird noch sehr viel verschenkt.

"Niemand muss Angst vor einem Shitstorm haben"

Was entgegnen Sie jungen Juristen, die Bedenken haben, aktiv zu sein bei LinkedIn?

Viele junge Menschen haben tatsächlich Angst davor, sich angreifbar oder lächerlich zu machen, weil sie denken, es sei vermessen, ihre Meinung mitzuteilen. Das ist für mich eine grundsätzlich falsche Herangehensweise.

Das Gute ist zunächst einmal, dass es bei Linkedin keine sogenannten Shitstorms gibt wie auf anderen Plattformen. Natürlich kann es passieren, dass Sie nach einem Post gefragt werden, wie Sie darauf kommen oder jemand die Äußerung mit den Worten kommentiert: "Ich teile die Meinung der Kollegin nicht". Das muss man aushalten, persönlicher wird die Kritik selten.

Ich glaube, jeder kann in diese Form des Selbstmarketings hineinwachsen und hat hier eine enorme Chance. Das geschieht vor allem in der Form, dass man sich anschaut, wie sich andere präsentieren. Was mich an dessen oder deren Form persönlich anspricht, kann ich hinterfragen und sodann imitieren. Man muss das Rad nicht neu erfinden – auch nicht als Jurist.

Und was könnte falsch daran sein, wenn ein junger Mensch Entwicklungen beobachtet und bereit ist, diese zu formulieren? Ich meine: gar nichts. Ich glaube nicht, dass junge Menschen zuhören müssen und wir von ihnen nichts lernen können, sondern lediglich sie von uns, ist antiquiert und so konservativ, dass es in die aktuelle Zeit nicht mehr passt.

Kann ein LinkedIn-Nutzer seinen Erfolg auf der Plattform daran messen, wer ihm folgt?

Als Berufseinsteiger erwarten wenige, dass ihnen ein Partner oder auch ein sehr erfahrener Associate folgt. Aber die Frage ist ja auch, ob das überhaupt mein definiertes Ziel ist.

Wenn ich beispielsweise mehr über eine Kanzlei erfahren möchte, lässt sich über die LTO-Karriereseite das Profil der Kanzlei aufrufen. Dort finde ich auch die Ansprechpartner der Sozietät: Wer also ist der Ansprechpartner für das Recruitment, wer sind die Managing Partner. Dann lässt sich schnell erkennen, ob diese Personen ein eigenes Profil bei Linkedin haben, denen ich folgen kann. Und die kann ich auch anschreiben mit Botschaften wie: "Ihre Kanzlei fasziniert mich seit langem und ich würde mich sehr freuen, Sie nach meinem Studium zu unterstützen – gerade im Bereich IP, für das ich mich zunehmend interessiere…".

Aus solchen Kontaktaufnahmen lässt sich– natürlich bei aller gewahrten Professionalität – einiges über die Selbstwahrnehmung der Kanzlei herausfinden: Allein schon aus einer Reaktion auf eine ehrlich interessierte Anfrage, ob man sich als Kontakt verknüpfen könne.

Was sind für Sie die absoluten No-Gos auf der Plattform?

Vorsichtig sein sollte man insofern, als dass man sich nicht als Berufsanfänger schon als Spezialist geriert.  Das wirkt schnell überheblich und alles andere als sympathisch. Die eigenen Gedanken formulieren kann man aber, wohl wissend, dass man als Anfänger ist und noch nicht die berufliche Expertise hat oder haben kann.

Ein echtes No-Go ist Bashing, also den andern runtermachen oder angreifen. Ich persönlich würde auch keine Beiträge zu Glaubensfragen oder der sexuellen Orientierung absetzen, wenn man nicht ganz konkret für ein spezielles Netzwerk steht und vielleicht selbst ein Thema hat.

Ansonsten ist das Feld offen. Von den Menschen, die andere auf Linkedin erreichen, haben sich einige regelrecht zu Influencern entwickelt. Auch ich habe Beiträge bis zu 20.000 Views – warum sollte das ein Anwalt nicht schaffen? Schlussendlich verkaufen wir eine vertrauensbasierte Dienstleistung -da lässt sich mit persönlicher Haltung, mit formulierter Wertewelt und dem richtigen Blick auf die Welt hervorragend eine Marke etablieren.

Dipl.-Betriebswirtin Liane Allmann ist Inhaberin der auf Anwälte spezialisierten Kommunikations-Agentur Kitty & Cie. (www.kitty-cie.de). Sie erklärte "Personal Branding via Linkedin" erstmals auf der LTO-Karrieremesse im Oktober.

Die Vorträge der vergangenen LTO-Karrieremesse können Sie sich noch bis zum 24. November in voller Länge anschauen. Registrieren Sie sich dazu einfach nachträglich auf dieser Seite für das Event. Anschließend können Sie sich einloggen und das Auditorium betreten. Die nächste Karrieremesse wird voraussichtlich am 9. März 2021 stattfinden.

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