Anwaltliches Berufsrecht

Kein sittenwidrig niedriger Lohn für junge Anwälte

von Martin W. HuffLesedauer: 3 Minuten
Auch junge Rechtsanwälte haben Anspruch auf angemessene Bezahlung. Wenn ein Anwalt einen jungen Kollegen als "Trainee" sucht und ihm ein Gehalt anbietet, das "ein wenig über dem Referendargehalt liegt", dann will er ein sittenwidrig niedriges Gehalt zahlen. Schon das Angebot verstößt gegen anwaltliches Berufsrecht, stellt jetzt der BGH klar.

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Grundlage für den gerade veröffentlichten Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 30.11.2009 (Az. AnwZ (B) 11/08) war eine Stellenanzeige einer Rechtsanwalts- und Notarsozietät im Bezirk der Anwaltskammer Hamm. Sie bot auf der Homepage der Agentur für Arbeit eine Traineestelle für einen Rechtsanwalt mit folgendem Text an: "Der Trainee wird in ein auf zwei Jahre befristetes Angestelltenverhältnis inklusive sämtlicher Sozialversicherungen übernommen. Wir übernehmen zusätzlich die Kosten für die Berufshaftpflicht und die Anwaltskammer. Daneben übernehmen wir noch anfallende Fahrtkosten, die aus dienstlichem Anlass erfolgen. Wir unterstützen den jungen Anwalt auch bei Fortbildungsveranstaltungen durch Übernahme der Seminargebühren. Wir zahlen als Grundvergütung ein Gehalt, welches ein wenig über dem Referendargehalt liegt. Zusätzlich wird eine Umsatzbeteiligung an denjenigen Mandaten gewährt, die der Trainee selbst akquiriert." Diese Anzeige rief die Anwaltskammer Hamm auf den Plan. Sie erteilte dem Rechtsanwalt, der für die Stellenanzeige verantwortlich war, einen "belehrenden Hinweis": Er verstoße mit der Anzeige gegen § 26 BORA, der einen Rechtsanwalt verpflichtet, Anwälte nur zu angemessenen Konditionen zu beschäftigen. Wenn aber nur ein Gehalt etwas über einem Referendargehalt – also nur rund 1.000 Euro – gezahlt werde, sei dies unangemessen und sittenwidrig. Denn nach allen Untersuchungen liege ein angemessenes Gehalt für einen Berufsanfänger ohne Zusatzqualifikation bei rund 2.300 Euro brutto im Monat. Zu berücksichtigen sei dabei auch, dass selbst eine fertig ausgebildete Rechtsanwaltsfachangestellte im Schnitt 1.200 bis 1.500 Euro im Monat erhalte.

Deutlich belehrender Hinweis in allen Instanzen

Der Rechtsanwalt wollte diesen Hinweis nicht akzeptieren und legte dagegen Rechtsmittel beim Anwaltsgerichtshof (AGH) Hamm ein. Der sah den belehrenden Hinweis in einer viel beachteten Entscheidung vom 02.11.2007 (Az. 2 ZU 7/07) als richtig und völlig gerechtfertigt an. Weil der Rechtsanwalt dies immer noch nicht akzeptieren wollte, wurde der Anwaltssenat des BGH so richtig deutlich und stellte ebenfalls die Sittenwidrigkeit der Stellenausschreibung fest: "Der Gesamtwert der in der Stellenanzeige in Aussicht gestellten Leistungen steht zu dem branchenüblichen Einstiegsgehalt in einem auffälligen Missverhältnis i.S. von § 138 BGB. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urt. v. 22. April 2009 - 5 AZR 436/08) ist ein auffälliges Missverhältnis zwischen der erbrachten Arbeitsleistung und der hierfür vereinbarten Vergütung schon dann anzunehmen, wenn diese nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns oder - wenn ein Tariflohn nicht existiert oder nicht der verkehrsüblichen Vergütung entspricht - des allgemeinen Lohnniveaus in dem betreffenden Wirtschaftsgebiet erreicht. Es braucht nicht entschieden zu werden, ob und inwieweit diese Rechtsprechung für die Beurteilung der Vergütung von angestellten Rechtsanwälten und die Frage ihrer Sittenwidrigkeit Geltung beanspruchen kann. Jedenfalls dann, wenn - wie hier - die angebotene Gesamtvergütung nur knapp über der Hälfte des branchenüblichen Gehalts liegt, besteht regelmäßig zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis."

Sittenwidrige niedrige Gehälter gefährden Ansehen der Anwaltschaft

Und weiter: "Das öffentliche Anbieten solcher Beschäftigungsverhältnisse gefährdet das Ansehen der Rechtsanwaltschaft und ist dazu geeignet, andere Berufsträger zu einem vergleichbaren Verhalten zu ermutigen. Daher verstößt der Rechtsanwalt bereits durch die Veröffentlichung einer Stellenanzeige, in der unangemessene Beschäftigungsbedingungen beschrieben werden, gegen die sich aus § 43 Satz 2 BRAO ergebende Pflicht, sich innerhalb und außerhalb des Berufes der Achtung des Vertrauens, welche die Stellung des Rechtsanwalts erfordert, würdig zu erweisen." Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Vielleicht bis auf die Tatsache, dass der BGH der Entscheidung keinen Leitsatz widmet, und man sie deshalb suchen musste. Der Autor Martin W. Huff ist Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln, Rechtsanwalt und Journalist in Leverkusen sowie Lehrbeauftragter an der Fachhochschule in Köln

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