Erster Prüfungsdurchgang im September 2022

Digi­tales Examen für Anwalts­no­tare kommt

von Dr. Franziska KringLesedauer: 4 Minuten

Das digitale Staatsexamen gibt es in einigen Bundesländern schon – bald kommt die E-Klausur auch für angehende Anwaltsnotare. Im September startet der erste Prüfungsdurchgang, zunächst nur in Berlin.  

Auch angehende Anwaltsnotarinnen und -notare können bald die schriftliche Prüfung am Laptop absolvieren. Seit Januar 2022 kann man sich für die digitalen Klausuren der Herbst-Prüfungskampagne anmelden, die Ende September 2022 stattfindet. Die Nachfrage ist hoch, sagt Carsten Wolke, Leiter des Prüfungsamtes für die notarielle Fachprüfung bei der Bundesnotarkammer (Prüfungsamt). "Bei den Anmeldungen entscheidet sich die Mehrheit für die E-Klausur", so Wolke.  
 
Einige Bundesländer ermöglichen es den Referendarinnen und Referendaren schon länger, das zweite juristische Staatsexamen in digitaler Form abzulegen – insbesondere Sachsen und Sachsen-Anhalt waren hier Vorreiter.  
 
Jetzt zieht das Prüfungsamt der Bundesnotarkammer nach, wie Wolke gegenüber LTO mitteilte. Er hat bei einigen Pilotversuchen der digitalen Examensklausuren der Länder hospitiert – und glaubt, dass die E-Klausur sich auch für Notarprüfungen eignet. 
 
Wolke ist zudem Vorsitzender der Rechtspflegerprüfung in Berlin und profitiert deshalb von Kontakten nach Baden-Württemberg, das in einem Pilotprojekt mit dem Saarland sowie Rheinland-Pfalz ebenfalls die digitale Rechtspflegerprüfung getestet hat. 

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"Die Speerspitze des Digitalen in der Justiz" 

Nach einem Testlauf im vergangenen Jahr will das Prüfungsamt nun die E-Klausur für angehende Anwaltsnotarinnen und -notare etablieren. "Die Notarkammer ist sozusagen die Speerspitze des Digitalen in der Justiz", so Wolke.  
 
Es gebe vielfältige digitale Vorstöße, etwa die Online-Gründung einer GmbH. Nach dem Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie soll es ab Mitte 2022 möglich werden, eine GmbH mit einer Notarin oder einem Notar papierlos online zu gründen
 
Die Bundesnotarordnung (BNotO) enthält die Vorschriften über die Prüfung für Anwaltsnotarinnen und -notare. Mit dem Gesetz zur Modernisierung des notariellen Berufsrechts und zur Änderung weiterer Vorschriften, das im vergangenen Jahr in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber die BNotO angepasst. Seitdem sieht § 7b Abs. 1 S. 3 BNotO vor, dass die Prüfung "auch elektronisch durchgeführt werden" kann.   

Bundeseinheitliche Prüfung für Anwaltsnotare 

Das Prüfungsamt führt die Prüfung für Anwaltsnotare und -notarinnen durch, also für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die den Beruf neben der Anwaltstätigkeit ausüben wollen. Daneben gibt es die Möglichkeit, "Nur-Notar", also hauptberuflicher Notar bzw. hauptberufliche Notarin zu werden. Ähnlich wie im Referendariat werden die Notarassessorinnen und -assessoren im Anwärterdienst drei Jahre lang bei verschiedenen Notaren ausgebildet. Eine Abschlussprüfung gibt es nicht
 
Das Anwaltsnotariat gibt es in den Ländern Berlin, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein sowie im westfälischen Teil von Nordrhein-Westfalen. Die notarielle Fachprüfung ist für alle Bundesländer im Bereich des Anwaltsnotariats einheitlich.  
 
Wer Anwaltsnotarin oder Anwaltsnotar werden will, muss zunächst vier fünfstündige Klausuren absolvieren, § 7b BNotO. Danach folgt wie bei den Staatsexamina noch eine mündliche Prüfung mit einem Vortragsteil und einem Gruppenprüfungsgespräch. 
 
Die Gesamtnote der notariellen Fachprüfung setzt sich zu 75 Prozent aus der schriftlichen Prüfung und zu 25 Prozent aus der mündlichen Prüfung zusammen. Bewirbt man sich dann um eine ausgeschriebene Notarstelle, zählt das Ergebnis der notariellen Fachprüfung zu 60 Prozent und die Note des zweiten Staatsexamens zu 40 Prozent. 

E-Examen zunächst nur in Berlin 

In jedem Kalenderjahr gibt es zwei Prüfungskampagnen: eine im Frühjahr, meist Ende März, und eine im Herbst, meist Ende September. Die schriftlichen Prüfungen finden derzeit in Berlin, Celle, Frankfurt am Main, Hamm und Oldenburg statt.  
 
Die nächsten Klausuren am 26., 27., 29. und 30. September 2022 können die Prüflinge also erstmals an einem vom Prüfungsamt zur Verfügung gestellten Laptop schreiben – allerdings zunächst nur in Berlin. Diejenigen, die lieber zu Kugelschreiber oder Füller greifen, können weiterhin an allen Standorten die Klausuren mit der Hand schreiben.  
 
Wer die digitale Prüfung bevorzugt, muss allerdings tiefer in die Tasche greifen: Die Vertreterversammlung der Bundesnotarkammer hat – auch unter Hinweis auf den mit der Corona-Pandemie verbundenen Mehraufwand – eine Erhöhung der Prüfungsgebühr von 3.200 Euro auf 3.700 Euro beschlossen. Bei der elektronischen Anfertigung sind es 4.100 Euro. Das Prüfungsamt rechnet mit Mehrkosten in Höhe von 100 Euro je Klausur für die Bereitstellung der IT-Struktur, sagt Wolke. Diese Änderungen gelten ab der Herbstkampagne 2022. 

"Die Umstellung auf die digitale Klausur ist zeitgemäß" 

Anwältinnen und Anwälte, die das stundenlange Schreiben mit der Hand nicht mehr gewöhnt sind, werden sich sicherlich über das neue digitale Angebot freuen. "Ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin diktiert, schreibt am PC oder redigiert Schriftsätze, aber er schreibt nicht in der Intensität mit der Hand. Insofern ist die Umstellung auf die digitale Klausur zeitgemäß", so Wolke. 
 
Wenn das E-Examen den ersten Praxistest in Berlin besteht, wird das Prüfungsamt es in Betracht ziehen, das digitale Angebot auf mehrere Standorte auszuweiten. " Wenn wir ausreichende Erfahrungen gesammelt haben, könnten die E-Klausuren perspektivisch auch an anderen Standorten angeboten werden", kündigt Wolke an. Für Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die mit dem Gedanken spielen, zusätzlich den Notarberuf auszuüben, wird das sicherlich ein Anreiz sein.  
 
 
 
 

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