Technische Überwachung von Arbeitnehmern im Homeoffice

Wo ist der Kol­lege?

Gastbeitrag von Dr. Daniel Hund und Dr. Olga MoraschLesedauer: 6 Minuten

Viele Beschäftigte sind noch immer im Homeoffice. Doch arbeiten sie dort auch? Arbeitgeber wollen die Kontrolle, gerne auch eine Überwachung der Mitarbeiter. Wie weit sie dabei gehen dürfen, erklärten Daniel Hund und Olga Morasch.

Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt nachhaltig verändert. Vor allem mobile Arbeit hat seitdem einen Schub erhalten. Einige Arbeitgeber stellen fest, dass Mitarbeiter im Homeoffice durchaus produktiv sein können. Andere aber fürchten den Kontrollverlust und suchen nach technischen Wegen, die Leistung und das Verhalten ihrer Mitarbeiter im Homeoffice zu überwachen. Dabei greifen manche sogar auf Spionagesoftware zu. Allein technisch betrachtet ist eine Überwachung jedenfalls dann möglich, wenn die Mitarbeiter vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte technische Arbeitsmittel (PC, Handy, Kamera, etc.) nutzen.

Rechtlich spielt jedoch bei der Frage nach einer zulässigen Kontrolle das Datenschutzrecht eine wesentliche Rolle. Denn bei der Leistungs- und/oder Verhaltenskontrolle durch technische Mittel werden personenbezogene Daten der Mitarbeiter verarbeitet. Dafür - und somit letztlich für jeden Überwachungsvorgang - braucht der Arbeitgeber einen Erlaubnisgrund. Außerdem kann dies datenschutzrechtliche Pflichten, wie etwa die Pflicht zur Datenminimierung, Transparenz, Zweckbindung, Datensparsamkeit, etc. begründen.

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Kontrolle des Log-ins?

Die wohl einfachste Methode, Verhaltenskontrolle mit Hilfe zum Beispiel des PC's zu betreiben, dürfte darin bestehen, die Log-In-Daten der Mitarbeiter auszuwerten. Der Arbeitgeber vollzieht dabei anhand von Log-In-Daten nach, wann sich seine Arbeitnehmer in das Netzwerk eingeloggt und wann wieder ausgeloggt haben. Vor allem wenn die Beschäftigten über ein vom Arbeitgeber betriebenes IT-Netzwerk arbeiten, ist diese Art der Kontrolle technisch relativ problemlos möglich.

Wenngleich es im Datenschutzrecht immer auf die Abwägung im Einzelfall ankommt, wird man in aller Regel zugunsten des Arbeitgebers von der Rechtmäßigkeit eines solchen Vorgehens ausgehen dürfen. Der Arbeitgeber hat nicht nur ein berechtigtes Interesse, sondern nach dem Arbeitszeitgesetz sogar die Pflicht, die Arbeitszeitdauer seiner Beschäftigten zu überwachen. Hierfür ist die Auswertung der Log-In-Daten nicht nur im Grundsatz geeignet, sondern in aller Regel auch das mildeste Mittel.

Allerdings ist der praktische Erkenntnisgewinn solcher Auswertungen begrenzt. Aus ihnen ergibt sich nämlich gerade nicht, ob der jeweilige Mitarbeiter während der Log-In-Zeiten auch wirklich gearbeitet hat und vor allem was genau.

Oder besser Überwachung der Arbeitsleistung?

Mehr Erkenntnisgewinn für Arbeitgeber verspricht die Überwachung der Aktivitäten während der Log-In-Zeiten um festzustellen, ob Mitarbeiter nach dem Einloggen ihre Arbeitsleistung wirklich erbringen oder die betriebliche Infrastruktur z.B. nur zum Schein bzw. zu privaten Zwecken nutzen. Hier helfen dem Arbeitgeber so genannte Logfiles, also Dateien, die das PC-Verhalten des Nutzers automatisch aufzeichnen und so alle Online-Aktivitäten dokumentieren. Dadurch kann etwa der Browserverlauf oder die E-Mail-Kommunikation kontrolliert werden.

Wenn die private Nutzung der dienstlichen Geräte von vornherein untersagt ist und dies im Betrieb auch gelebt wird, sind Auswertungen der Verlaufsdaten oder E-Mail-Kommunikation in der Regel auch anlasslos nach § 26 Abs. 1 S. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) zulässig, schon um die Einhaltung dieses Verbots kontrollieren zu können (Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.01.2016. Az. 5 Sa 657/15; LAG Köln, Urt. v. 07.02.2020, Az. 4 Sa 329/19). Besteht ein konkreter Verdacht, ein Arbeitnehmer gehe während der Arbeitszeit seiner Nebentätigkeit nach, darf der Arbeitgeber auch seinen dienstlichen E-Mail-Account kontrollieren (LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 24.10.2019. Az. 5 Sa 66/19). Allerdings hat der Arbeitgeber dabei die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit (z. B. Auswertung im Beisein des betroffenen Arbeitsnehmers und des betrieblichen Datenschutzbeauftragten) und der Vertraulichkeit des Wortes zu beachten. Das heimliche Mithören (etwa bei Telefonkonferenzen) ist in der Regel unzulässig.

Ist die private Nutzung erlaubt bzw. im Betrieb geduldet, dann gelten neben dem BDSG zudem die noch strengeren Regelungen des Telekommunikationsgesetzes. Sind die Mitarbeiter angehalten worden, ihre E-Mails als privat zu kennzeichnen sowie getrennt von dienstlicher Korrespondenz aufzubewahren, dürfen Arbeitgeber auf die nicht als privat gekennzeichneten E-Mails unter Wahrung der genannten Anforderungen des § 26 Abs. 1 BDSG zugreifen. Ansonsten ist eine Überwachung rechtlich kaum möglich.

Bewegungsprofile über das Diensthandy

Mancher Arbeitgeber kommt auf die Idee, Mitarbeiter mithilfe von Ortungssystemen zu überwachen (z. B. Diensthandy, GPS oder RFID), die detaillierte Bewegungsprofile erstellen. Eine anlasslose Totalüberwachung von Mitarbeitern im Homeoffice mittels GPS geht in aller Regel allerdings über die datenschutzrechtlichen Grenzen hinaus.

Eine anlasslose Erhebung und Speicherung von Standort-, Bewegungs- und Zeitdaten der von Beschäftigten genutzten Fahrzeuge ist weder zum Nachweis der geleisteten Tätigkeit noch zur Verhinderung von Diebstählen oder zur Koordination des Einsatzes erforderlich, wie das Verwaltungsgericht (VG) Lüneburg entschied (Teilurt. v. 19.03.2019, Az. 4 A 12/19). Ebenso wenig erforderlich und damit rechtswidrig ist die Ausstattung von Fahrzeugen der Außendienstmitarbeiter mit den sog. Telematik-Boxen, die nicht nur GPS-Daten i. S. einer Echtzeit-Ortung, sondern auch Daten zum Fahrverhalten liefern (Arbeitsgericht (ArbG) Heilbronn, Urt. v. 30.01.2019, Az. 2 Ca 360/18).

Anders könnte die datenschutzrechtliche Beurteilung nur beim Einsatz von Ortungssystemen zur Aufdeckung von Straftaten bei Einhaltung der Anforderungen des § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG sein. Hierzu muss aber zunächst ein Anlass für eine Überwachung bestehen.

Überwachung durch PC-Kamera?

Mitarbeiter im Homeoffice durch ihre PC-Kameras zu beobachten, dürfte in aller Regel unzulässig sein. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist eine offene Videoüberwachung nur beim konkreten Verdacht einer Straftat bzw. einer schwerwiegenden Pflichtverletzung legitim möglich (BAG, Urt. v. 28.03.2019. Az. 8 AZR 421/17).

Allerdings kann man sich kaum strafbare Handlungen vorstellen, die mittels einer Videoüberwachung des Heimarbeiters aufgedeckt werden können. Zudem sind andere Überwachungsmetoden, wie z. B. auf die Auswertung von Logfiles, ein milderes Mittel.

Überwachung offenlegen?

Muss der Arbeitgeber die Überwachung von Mitarbeitern zumindest offenlegen? Die Frage ist in der Rechtsprechung nach Inkrafttreten der DSGVO nicht abschließend geklärt. Für den Fall einer Überwachung mittels GPS wurde das schon von einem Verwaltungsgericht bejaht (VG Ansbach, Urt. v. 16.03.2020. Az. AN 14 K 19.00464).

Legt der Arbeitgeber die Datenerhebung gegenüber seinen Beschäftigten nicht offen, kann dies mit Geldbuße geahndet werden. Außerdem ist die Verwertung der dabei gewonnen Daten in einem Kündigungsschutzprozess fraglich. Letztlich kann dies zu Schmerzensgeldansprüchen gegen den Arbeitgeber führen. Heimliche Videoaufzeichnungen kosteten dem Arbeitgeber in einem Fall 1.000 Euro (BAG, Urt. v. 11.07.2013. Az. 11 Sa 312/13) und in einem anderen Fall sogar 7.000 Euro (LAG Hessen, Urt. v. 25.10.2010. Az. 7 Sa 1586/09). Grundsätzlich ist dem Arbeitgeber daher zu raten, den Mitarbeitern im Homeoffice die Überwachung mitzuteilen.

Der Betriebsrat redet mit

Ungeachtet der Frage der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit, sind bei der Einführung und Anwendung technischer Überwachungssysteme regelmäßig die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu wahren. Dies jedenfalls dann, wenn diese Systeme objektiv geeignet sind, Verhaltens- oder Leistungsinformationen der Arbeitnehmer zu erheben und aufzuzeichnen (BAG, Beschl. v. 10.12.2013. Az. 1 ABR 43/12).

Bei der Einführung der oben aufgezeigten Überwachungsmethoden ist also der Betriebsrat zu beteiligen. Will etwa der Arbeitgeber die in einer Betriebsvereinbarung bereits geregelte Videoüberwachung nutzen, um die Einhaltung von Abstandsregelungen durch Arbeitnehmer in Corona-Zeiten zu kontrollieren, ist unter Umständen eine erneute Beteiligung des Betriebsrats erforderlich (ArbG Wesel, Urt. v. 24.04.2020, Az. 2 BVGa 4/20).

Besuch beim Mitarbeiter

Dürfte der Arbeitgeber beim Mitarbeiter im Homeoffice auch einfach vorbeikommen? Auch derartige Kontrollbesuche bei Homeoffice-Mitarbeiten unterliegen den aufgezeigten datenschutzrechtlichen Anforderungen, § 26 Abs.7 BDSG. Abgesehen davon, dass ein Besuch des Mitarbeiters in seiner Wohnung nur bedingt zu seiner Leistungskontrolle geeignet ist, dürfte ein solcher wegen der strengen Prüfung der Erforderlichkeit rechtlich kaum möglich sein, insbesondere weil dem Arbeitgeber andere legitime Überwachungsmethoden zur Verfügung stehen.

Besonders effektive Überwachungsmethoden stoßen also oft an rechtliche Grenzen. Daher kann es durchaus zweckmäßiger - und atmosphärisch vorzugswürdig - sein, Mitarbeiter etwa durch Zielvorgaben und finanzielle Anreize zu steuern, als sie engmaschig zu überwachen. Allerdings stößt man auch hier mitunter an rechtliche Grenzen – wenngleich eher weniger an datenschutzrechtliche.

Der Autor Dr. Daniel Hund ist Partner, die Autorin Dr. Olga Morasch ist Associate bei Beiten Burkhardt in München. Beide sind Mitglied der Praxisgruppe Arbeitsrecht der Kanzlei.

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