Alternative Berufswege für Juristen

Es muss nicht immer Anwalt sein

von Sabine OlschnerLesedauer: 4 Minuten
Anwalt, Richter, Staatsanwalt, Unternehmensjurist: Das sind die klassischen Berufe, die Juristen nach ihren Staatsexamina anstreben. Es gibt aber noch eine ganze Reihe weiterer Möglichkeiten, als Rechtswissenschaftler beruflich Fuß zu fassen.

Wer Jura studiert, hat dabei nicht selten die klassischen Berufe wie Rechtsanwalt, Richter oder Staatsanwalt und manchmal Unternehmensjurist im Blick. Dabei gibt es weit mehr Wege, als Jurist zu arbeiten. Einige der juristischen Berufsalternativen sind weniger bekannt, manche erfordern Berufserfahrung oder werden nur nebenberuflich ausgeübt. Wie wäre es denn mit einer der folgenden Tätigkeiten?

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Berufsbetreuer

Berufsbetreuer vertreten psychisch kranke oder körperlich, geistig oder seelisch behinderte Menschen rechtlich, wenn diese nicht in der Lage sind, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. "Die Aufgabenkreise werden vom Amtsgericht übertragen. Das können zum Beispiel die Vermögenssorge, die Gesundheitssorge oder Wohnungsangelegenheiten sein", erklärt Klaus Bobisch, Anwalt und Geschäftsführer des Bundesverbandes freier Berufsbetreuer. Mit der Pflege des Betreuten hat ein Berufsbetreuer unmittelbar nichts zu tun. Er muss diese allerdings organisieren, Verträge abschließen oder Anträge bei den Sozialhilfeträgern stellen. Berufsbetreuer haben häufig eine juristische Ausbildung, weil sich Juristen recht schnell in das umfangreiche Rechtsgebiet Sozialrecht einarbeiten können. Gerichte bestellen jemanden erst zum Berufsbetreuer, wenn man zehn Betreuungen ehrenamtlich führt oder diese Zahl absehbar ist. Bei Rechtsanwälten geschieht die Bestellung jedoch häufig bereits ab der ersten Betreuung. "Allein von dem Beruf leben zu können, dürfte ab einer Größenordnung von 30 Betreuungen in Betracht kommen", sagt Bobisch, der selbst nebenberuflich 15 Menschen betreut. Ihr Honorar erhalten Berufsbetreuer in der Regel aus der Landeskasse, nur selten haben die Betreuten selbst genug Geld dafür. Einsteigern rät Bobisch, sich nicht direkt nach dem Studium als Berufsbetreuer selbständig zu machen, weil die Klientel häufig schwierig ist. Eine Alternative ist die Anstellung in einem Betreuungsverein, um Berufserfahrung zu sammeln.

Berufsschullehrer

Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte, Patentanwaltsfachangestellte, aber auch Verwaltungsfachangestellte, Steuerfachangestellte und Auszubildende in kaufmännischen Berufen lernen in ihrer Ausbildung rechtliche Inhalte – und diese Aufzählung ist bei Weitem nicht abschließend. Wer könnte diese besser vermitteln als ein Jurist, der als Berufsschullehrer tätig wird? Der Zugang zum Schuldienst wird in jedem Land anders gehandhabt. Die Bildungsministerien des jeweiligen Bundeslandes geben Auskunft über die Einstiegsmöglichkeiten. In einigen Ländern ist das erste juristische Staatsexamen dem ersten Staatsexamen für Lehrer gleichgestellt, sodass Juristen, die in einer Berufsschule unterrichten wollen, "nur" noch ein achtzehnmonatiges Referendariat in der Schule und das zweite pädagogische Staatsexamen absolvieren müssen. "Wir haben neben studierten Lehramtskollegen, die vorher eine entsprechende Ausbildung gemacht haben, Lehrer mit einem juristischen Staatsexamen, aber auch Volljuristen in unserem Team", berichtet Maike Froebe, Bildungsganleiterin am Schulzentrum Grenzstraße in Bremen. "Der Vorteil von Volljuristen ist, dass sie dank ihres juristischen Referendariats auch die Praxis kennengelernt haben, was für die Auszubildenden von Vorteil ist." Berufsschullehrer vermitteln ihren Schülern nicht nur Wissen in Form von Vorträgen, sondern sind auch Lerncoaches: Sie müssen gut zuhören können, um die Auszubildenden auf ihrem Weg ins Berufsleben zu unterstützen. Sie entwerfen gemeinsam mit den Kollegen Unterrichtsmaterial und teilen ihr Wissen. Sind Juristen denn per se gute Pädagogen? "Das kommt ganz auf die Persönlichkeit an", so Maike Froebes Erfahrung. "Man muss gern den Zugang zu Menschen finden." Wer die Arbeit eines Berufsschullehrers kennenlernen möchte, kann in Berufsschulen hospitieren.

Repetitor

Viele Jurastudenten kennen ihn, aber nur wenige kommen auf die Idee, selber später als Repetitor zu arbeiten und Studierende sowie Referendare auf ihre Prüfungen vorzubereiten. "Ein Repetitor ist mehr als ein Dozent an einer Hochschule", sagt Christian Sommer, Gesellschafter des juristischen Repetitoriums Alpmann Schmidt. "Er wiederholt nicht nur den prüfungsrelevanten Lernstoff, sondern muss die Teilnehmer auch für die angehenden Examina motivieren und ihnen den Lernstoff interessant präsentieren." Sommer ist über eine Stelle als Korrekturassistent beim Fachverlag Alpmann Schmidt zur Arbeit des Repetitors gekommen. Zudem arbeitet er als Autor von Skripten und Ausbildungszeitschriften, mit denen die angehenden Juristen arbeiten. In aller Regel braucht es für die Tätigkeit als Repetitor zwei Prädikatsexamina. "Viele arbeiten parallel als Anwälte, Richter oder Staatsanwälte und halten so den Kontakt zur Praxis und zur aktuellen Rechtsprechung", erklärt Sommer, der ebenfalls in der Kanzlei Alpmann Fröhlich als Anwalt tätig ist. Für juristische Berufseinsteiger schätzt der Gesellschafter die Beschäftigung als Repetitor als sinnvoll ein – wenn sie bereit sind, sich auch mit lernpsychologischen Fragen zu beschäftigen. "Auch wenn man sich immer mit ähnlichen juristischen Fragen beschäftigt, ist jeder Kurs wieder anders, und fachliche Inhalte vermengen sich mit den unterschiedlichsten Lerntechniken."

Juristische Lektorin

Lektoren in juristischen Fachverlagen betreuen juristische Fachliteratur von der Idee bis zum fertigen Produkt. Weil sie die Manuskripte der Autoren auch didaktisch und inhaltlich beurteilen und Korrekturen richtig ausführen müssen, ist es sinnvoll, wenn sie einen juristischen Hintergrund haben. Stefanie Kleinschroth hat sich nach ihrem zweiten Examen entschieden, als Volontärin beim Verlag C.F. Müller einzusteigen. Heute ist sie Produktmanagerin im Programmbereich Juristische Ausbildung & Wissenschaft. "Ich bin für alle Schritte rund um die Produktion verantwortlich", erklärt die Heidelbergerin. "Ich betreue unsere Buchreihen, stehe in Kontakt mit den Autoren, stimme die Termine für die Produktion ab und bin für die Preisgestaltung, die Marktanalyse und das Marketing zuständig." Neue Manuskripte liest die Lektorin, um zu entscheiden, ob sie in vorhandene Reihen passen. Als Juristin kennt sie sich besonders gut mit der besonderen Sprache der Autoren aus und weiß, wie sie mit den Texten umzugehen hat. Das Projektmanagement hat sie sich durch Training-on-the-job im Verlag beigebracht.

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