Erlaubnis von Nebentätigkeiten

Wenn der Zweitjob zu müde macht

von Sarah Reinhardt-KasperekLesedauer: 4 Minuten

Arbeitnehmende dürfen ihre Arbeitskraft außerhalb ihrer Arbeitszeit grundsätzlich frei verwenden. Eine gänzliche Untersagung von Nebentätigkeiten ist unzulässig. Sarah Reinhardt-Kasperek erläutert, was zu beachten ist.

Im Jahr 2019 hatten 5,4 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland neben ihrer Haupttätigkeit mindestens einen zweiten Job – mit insgesamt seit Jahren steigender Tendenz. Solche Nebentätigkeiten sind erlaubt, wenn die Arbeitnehmenden durch diese nicht daran gehindert werden, den Pflichten aus dem (Haupt-)Arbeitsvertrag nachzukommen. Wenn aber beispielsweise ein angestellter Gebäudereiniger nebenher anderweitige Putzarbeiten verrichtet und dabei körperlich und zeitlich derart beansprucht wird, dass er seiner eigentlichen Arbeit nicht mehr nachkommen kann, so ist die Nebentätigkeit schon aus diesem Grund unzulässig.

Eine Nebenbeschäftigung ist auch dann verboten, wenn hierdurch Wettbewerbsinteressen der Arbeitgebenden berührt werden. So dürfte beispielsweise eine angestellte Architektin nicht nebenher in einem anderen Architekturbüro tätig werden.  

Eine weitere Grenze ergibt sich aus § 8 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG): Danach dürfen Arbeitnehmende während des Urlaubs „keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten“.

Ist die Nebentätigkeit unzulässig, kann der Hauptarbeitgeber oder die Hauptarbeitgeberin eine Abmahnung aussprechen und ggfs. sogar Schadensersatzansprüche bei schlecht geleisteter Arbeit geltend machen.

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Vereinbarung von Nebentätigkeitsverboten

Das Recht, eine Nebenbeschäftigung aufzunehmen, kann vertraglich und tarifvertraglich beschränkt werden. Freiwillige Betriebsvereinbarungen zu diesem Thema sind eher selten, da das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) kein Beteiligungsrecht vorsieht. Im Bereich des Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) besteht allerdings hinsichtlich Versagung bzw. Widerruf einer genehmigten Nebentätigkeit ein Mitbestimmungsrecht (§ 78 Abs. 1 Nr. 10 BPersVG).  

Wenn Nebentätigkeiten den berechtigten Interessen des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin widersprechen können, ist eine solche vertragliche Regelung also sinnvoll und auch zulässig. Auch hier kann ein Verstoß eine Abmahnung rechtfertigen, der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin muss allerdings zunächst ausdrücklich die Unterlassung geltend machen. In der jetzigen Pandemie ist zB ein berechtigtes Interesse dahingehend anzunehmen, dass Arbeitnehmende im Nebenjob nicht in medizinischen Einrichtungen (mit erhöhter Ansteckungsgefahr) tätig sind.  

Zumeist wird in vertraglichen Regelungen auch eine Pflicht aufgenommen, dass eine geplante Nebentätigkeit dem Arbeitgeber bzw. der Arbeitgeberin anzuzeigen ist. Ohne eine solche vereinbarte Anzeigepflicht müssen die Beschäftigten allerdings aufgrund der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht eine Nebentätigkeit anzeigen, wenn diese die Interessen des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin beeinträchtigen kann. Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin hat allerdings in diesem Fall auch einen Anspruch auf Zustimmung, wenn die Aufnahme der Nebentätigkeit keine betrieblichen Interessen beeinträchtigt.  

Nebentätigkeit und Arbeitszeitgesetz

Die Arbeitszeit der Nebentätigkeit wird mit der übrigen vertraglichen Arbeitszeit "zusammengerechnet". Nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist daher ein Maximum von 48 Stunden pro Woche zu beachten. Werden diese Stunden überschritten, führt dies dazu, dass der Arbeitsvertag hinsichtlich der Nebentätigkeit nichtig ist. Dies hat zur Folge, dass Arbeitnehmende ihre Leistung ohne Vertrag erbringen und damit auch ohne Vergütungsanspruch. Sowohl Hauptarbeitgeber:in als auch Nebentätigkeitsarbeitgeber:in sind hierbei für die Frage verantwortlich, ob das Arbeitsverhältnis gegen das Arbeitszeitrecht verstößt.  

Nebentätigkeit und Kurzarbeitergeld

In der heutigen Zeit gehen Arbeitnehmende zudem in der Kurzarbeit noch Nebenbeschäftigungen nach, um ihre finanziellen Einkünfte zu sichern. Für die Zulässigkeit dieser Beschäftigung gilt nichts anderes als zu "normalen" Zeiten. Für Arbeitnehmer:innen stellt sich aber die Frage, ob das durch die Nebentätigkeit erzielte Einkommen auf das Kurzarbeitergeld angerechnet wird:

Hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin die Nebentätigkeit schon vor Beginn der Kurzarbeit ausgeübt, hat das keine Auswirkungen auf die Höhe des Kurzarbeitergeldes. Der Nebenverdienst wird nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet.

Nehmen Arbeitnehmer:innen während des Bezugs von Kurzarbeitergeld eine Nebentätigkeit auf, wird das daraus erzielte Entgelt grds. auf das Kurzarbeitergeld angerechnet, denn es liegt eine Erhöhung des tatsächlichen erzielten Entgelts vor.

In der Corona-Pandemie hat man allerdings eine Ausnahme gemacht: zunächst blieben Einkommen aus Nebenbeschäftigungen in einem systemrelevanten Bereich (zum Beispiel Gesundheitswesen, Landwirtschaft, Lebensmittelbranche) anrechnungsfrei, soweit die Summe aus dem Nebeneinkommen plus einem gegebenenfalls verbliebenen Ist-Entgelt, einem eventuellen Aufstockungsbetrag und dem Kurzarbeitergeld das Soll-Entgelt nicht übersteigt.

Für die Zeit vom 1. Mai 2020 bis 31.12.2020 wurde diese Hinzuverdienstmöglichkeit auf alle Berufe ausgedehnt. Eine Nebenbeschäftigung als Minijob (450 Euro / Monat) bleibt bis zum 31. Dezember 2021 vollständig anrechnungsfrei.

Beendigung von Nebentätigkeiten

Die Genehmigung für Nebentätigkeiten kann erlöschen, wenn der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin beispielsweise die Nebentätigkeit vollständig beendet. Wichtig ist hier, dass die Genehmigung nur für die spezifische Nebentätigkeit endet. Arbeitsvertraglich sollte daher immer eine gesonderte Genehmigung für jede einzelne Nebentätigkeit und keine pauschale Genehmigung geregelt werden, damit die Kontrolle über einzelne Nebentätigkeiten und deren Genehmigung bei den Arbeitgebenden bleibt.

Verstößt die Nebentätigkeit gegen ein gesetzliches Verbot, zB gegen die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten, so endet die Genehmigung schon aus diesem Grund.  

Eine Nebentätigkeit kann auch enden, wenn der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin die Genehmigung ausdrücklich widerruft. Ist der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin zB auch aus Gesichtspunkten der vertraglichen Fürsorgepflicht der Meinung, die Nebentätigkeit beansprucht den/die Arbeitnehmer:in zu sehr und dass die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers bzw. der Arbeitnehmerin falsch eingeschätzt wurde, dann ist ein Widerruf zulässig. Dieser und bestimmte sachliche Gründe zum Widerruf sollten aber immer vertraglich vereinbart werden.

Arbeitnehmende gehen in den vergangenen Jahren deutlich häufiger einer Nebentätigkeit nach. Aus diesem Grunde ist es wichtig für Arbeitgeber:innen besondere vertragliche Regelungen vorzusehen, um angemessen auf die Nebentätigkeitswünsche einzugehen und auf der anderen Seite auch die eigenen wirtschaftlichen Interessen zu schützen.

Dr. Sarah Reinhardt-Kasperek ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht. Sie ist Partnerin bei Beiten Burkhardt in München.

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