Justiziar in der Fußball-Bundesliga

Das Büro im Stadion

von Patrick BuseLesedauer: 3 Minuten
Immer mehr Bundesliga-Vereine beschäftigen eigene Juristen. Tarek Brauer ist einer von ihnen. Er arbeitet als Justiziar für Werder Bremen. Ob er neben juristischem Know-how im Berufsalltag auch Treffsicherheit auf dem Platz beweisen muss? Patrick Buse war für LTO am Ball und hat nachgefragt.

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Rechtsabteilungen in Bundesligavereinen sind zwar keine Seltenheit mehr, aber auch noch kein Standard. Insgesamt zeichnet sich ein buntes Bild über die Einholung von Rechtsrat in der 1. Bundesliga. Der VfB Stuttgart etwa pflegt langjährige Partnerschaften mit diversen Anwaltskanzleien. Lokalrivale TSG 1899 Hoffenheim lässt alle rechtlich relevanten Themen von einer Kanzlei bearbeiten, ebenso wie der HSV. Borussia Dortmund hat eine eigene Rechtsabteilung mit einem Rechtsanwalt, beim FC Bayern München gibt es eine Abteilung Direktion Recht, die sogar mit zwei Personen besetzt ist, und bei Mainz 05 werden Rechtsfragen vom Vorstand abgedeckt. Bei Werder Bremen erfolgte die Gründung der Rechtsabteilung mit der Einstellung von Tarek Brauer. Der Jurist, vormals dreieinhalb Jahre im Sportrecht für die Kanzlei CMS Hasche Sigle tätig, war selbst auf die Vereinsoberen zugegangen, ohne vorher Kontakt zum Verein gehabt zu haben. Zufällig erwog Werder just zu diesem Zeitpunkt die Einstellung eines Justiziars. "Ich war glücklicherweise zur rechten Zeit am rechten Ort", resümiert Brauer.  Als gebürtiger Hannoveraner drückte Tarek Brauer schon als Kind Werder beim Schauen der Sportschau die Daumen, weil Hannover 96 damals unterklassig spielte. "Heute identifiziere ich mich selbstverständlich voll und ganz mit Werder." Heute ist Tarek Brauer als Justiziar eine Ein-Mann-Rechtsabteilung. Unterstützt wird er nach Bedarf von der Bremer Kanzlei, mit der Werder zuvor bereits lange Jahre eng zusammen gearbeitet hat. "Glücklicherweise", so gibt er zu, "war ein Vorspielen bei Trainer Thomas Schaaf kein Bestandteil des Auswahlverfahrens." Als Jugendlicher habe er Tennisschläger, Handball und Snowboard dem Fußball vorgezogen.

Kaum Kontakt zu Kickern

"Learning by doing" war zunächst das Motto von Brauers Tätigkeit – für ihn selbst, aber auch für seine Kollegen. Die Arbeitsabläufe und Strukturen haben sich nach und nach gefunden. Seine Tätigkeit ist überaus abwechslungsreich. Der Justiziar arbeitet mit allen Abteilungen zusammen – vom Marketing über Medien bis zur Fanbetreuung und dem CSR-Management.  Relevante Rechtsgebiete zu definieren, sei schwer, erklärt Brauer, aber Vertragsrecht, Marken-, Arbeits- und Datenschutzrecht spielten schon eine wichtige Rolle. Seinen Job schätzt Tarek Brauer sehr: "Das Büro im Stadion mit Blick auf den Rasen, die wöchentlichen Spiele der Mannschaft, der bodenständige, sportliche Umgang miteinander, die Vielfalt der Tätigkeiten - man weiß morgens nicht, was der Tag bringt. Es ist eine besondere Welt mit einem ganz eigenen Zauber."  Sein privates Umfeld geht "professionell" mit seiner Tätigkeit um. Anfragen nach Autogrammen, Tickets etc. sind äußerst selten. Die Vereinsrivalitäten übertragen sich nicht von den Rängen und vom Rasen in die Hinterzimmer.  Das Verhältnis zwischen den Bundesliga-Justiziaren sei überaus kollegial, teilweise sogar freundschaftlich, berichtet Brauer. Den Spielern läuft er nur gelegentlich im Stadion oder in der Geschäftsstelle über den Weg. Natürlich gebe es auch Verhandlungssituationen, aber der Kontakt zu den Kickern sei doch eher selten.

Erstligisten sind mittelständische Unternehmen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen, wie auch für Fußballclubs werden immer komplexer, das Fußballgeschäft immer professioneller und internationaler. Die Vereine haben ihre Profi-Abteilungen längst als Tochterunternehmen ausgegliedert. Erstligisten sind in Hinsicht auf Umsatz und Mitarbeiterzahl mittelständische Unternehmen.  Vor diesem Hintergrund sieht Tarek Brauer den Vorteil einer vereinseigenen Rechtsabteilung in der Gewährleistung ständig verfügbaren, schnellen und branchenspezifisch-praktikablen Rechtsrats. "Durch die tägliche Arbeit mit Kollegen und Abteilungen findet eine umfassende Auseinandersetzung mit den Rechtsthemen statt." Dass dies in gleichem Maße durch die alleinige Betreuung einer Kanzlei möglich wäre, bezweifelt er. Und die Professionalisierung der Strukturen – meint Tarek Brauer – könne auch nicht nachteilig sein. Flexibilität, Kreativität, Pragmatismus und Empathie muss der Justiziar mitbringen, sowie ein Verständnis für die speziellen Gepflogenheiten der Branche. Neben diesen Eigenschaften, einschlägiger juristischer Erfahrung und Branchenkenntnis braucht man vor allem ein Quäntchen Glück, um eine Position als Bundesliga-Justiziar zu  ergattern. Das Training mit dem Ball kann der interessierte Jungjurist hingegen gepflegt vernachlässigen.

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