Skandal um verkaufte Examensklausuren

Die Ham­burg-Connec­tion?

von Pauline DietrichLesedauer: 2 Minuten

Ein Hamburger Anwalt und Repetitor soll gemeinsam mit einem niedersächsischen Richter Klausurlösungen weitergegeben haben. Nun werden neue Details zu dem Fall bekannt. Hamburger Prüfungen waren offenbar nicht betroffen. 

Nach der Anklage eines Anwalts und Repetitors vor dem Amtsgericht (AG) Hamburg wegen der Weitergabe von Examenslösungen sind keine Prüfungen Hamburger Referendar:innen oder Studierenden von einer erneuten Kontrolle betroffen. Das bestätigt die Pressestelle des Gerichts LTO

Am Montag berichtete LTO über den anstehenden Gerichtsprozess eines Anwalts, der sich als mutmaßlicher Tatbeteiligter im niedersächsischen Examensskandals aus dem Jahr 2014 verantworten muss (Az. 252 DS 48/19). Damals hatte ein korrupter Richter und leitender Beamter des niedersächsischen Landesjustizprüfungsamts (LJPA) für Schlagzeilen gesorgt, der gegen Sex oder Geld Lösungen von Klausuren des zweiten Staatsexamens weitergegeben hat. Nach einer aufsehenerregenden Flucht samt geladener Pistole nach Mailand und dortiger Festnahme wurde er 2015 zu fünf Jahren Gefängnisstrafe verurteilt
Anfang 2019 wurde sodann Anklage gegen den Hamburger Repetitor und Anwalt erhoben. Der Vorwurf lautet Bestechung im besonders schweren Fall sowie Anstiftung zur Verletzung des Dienstgeheimnisses. Er soll von dem Richter ebenfalls Klausurlösungen erhalten und an seine Hamburger Kunden weitergegeben haben. Die beiden Männer hätten abgesprochen, den Erlös aufzuteilen. Wie LTO jedoch nun erfuhr, betrifft dieser Vorwurf weiterhin nur Prüfungen in Niedersachsen. 

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Anwalt betreute niedersächsische Referendar:innen

Der Anwalt habe in seinem Repetitorium Referendar:innen betreut, die in nicht in Hamburg, sondern in Niedersachsen das Referendariat absolviert hätten, so die Pressesprecherin. Es sei durchaus üblich, dass man in Hamburg wohnt, aber in Niedersachsen das zweite Examen schreibt. Daher stehe der Hamburger Justiz auch keine weitere Überprüfung von juristischen Abschlüssen bevor. Die Fälle, die von der mutmaßlichen Zusammenarbeit des Richters und des Hamburger Anwalts betroffen waren, seien im Zuge des niedersächsischen Examensskandals bereits aufgearbeitet worden. Damals hatten rund 200 Sonderprüfer rund 2.000 Abschlüsse auf einen Zusammenhang zu dem Skandal untersucht. In einigen Fällen kam es zur Aberkennung des Zweiten Staatsexamens, auch Bewährungsstrafen gegen Abnehmer:innen der Examenslösungen  wurden verhängt. 

Zu Gegenleistungen ist es nicht gekommen

Der Hamburger Anwalt sei sodann im Zuge der Ermittlungen aufgefallen, weil er laut Anklageschrift* zwei Referendar:innen angeboten habe, ihnen zuvor von dem Richter eingeholte Klausurtipps zu verkaufen, so eine Pressesprecherin. Die beiden Frauen seien darauf aber nicht eingegangen, es sei daher nicht zu einer Weitergabe der Lösungen gekommen.

Des Weiteren habe der Angeklagte in seiner Tätigkeit als Anwalt eine Referendarin vertreten, die zwei Mal durch das zweite Staatsexamen gefallen sei. Der Anwalt habe sich laut Anklageschrift* dann an den niedersächsischen Richter gewandt. Dieser habe seine Hilfe in dem Fall angeboten, falls die Gegenleistung stimme, wie die Pressesprecherin mitteilte. 

Der Richter ist seit 2017 wieder auf freiem Fuß. Ob und welche Strafe nun dem Hamburger Komplizen droht, wird ab dem 21. Oktober das AG Hamburg beschäftigen.

*präzisiert am 16.07.2021 um 11:04 Uhr

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