Referendarstation beim Auswärtigen Dienst der EU

Euro­pa­recht und gute Fritten

Gastbeitrag von Lukas KleinertLesedauer: 4 Minuten

Das deutsche Auswärtige Amt kann sich bekanntermaßen vor Bewerbungen kaum retten. Eine Station kann man als Referendar aber auch beim Europäischen Auswärtigen Dienst machen – das wissen bloß die wenigsten. Lukas Kleinert möchte das ändern.

Der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) hat seine Rechtsgrundlage in den EU-Verträgen. Sie sehen vor, dass der EAD den Hohen Vertreter (bzw. aktuell die Hohe Vertreterin) der Union für Außen- und Sicherheitspolitik unterstützt. Die Vielzahl von Aufgaben kann eine Person allein nämlich nicht bewerkstelligen.

Der Dienst setzt sich aus Mitarbeiten des Rates, der Kommission sowie abgeordneten Diplomaten der Mitgliedstaaten zusammen. Außerdem sind auch die 140 EU-Delegationen bei Internationalen Organisationen und Drittstaaten integraler Teil des EAD. Dieser nennt sich damit nicht zu Unrecht "diplomatischer Dienst der EU". Neben seiner Rolle als Leiter des EAD und Außenvertreter der EU, ist der Hohe Vertreter außerdem einer der Vize-Präsidenten der Kommission und Vorsitzender im Rat "Auswärtige Angelegenheiten". Er hat ein Amt sui generis inne, welches so in der Union einzigartig ist. Aktuell bekleidet das Amt Federica Mogherini.

Die Gelegenheit, die Besonderheiten dieses Amtes kennenzulernen, welches irgendwo zwischen der vom ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger geforderten "europäischen Telefonnummer" und der mitgliedstaatlichen Souveränität rangiert, bietet eine Stage in der Rechtsabteilung des EAD.

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Insider-Infos zum Diplomatenleben

Referendarstation macht man, anders als beim deutschen Auswärtigen Amt, dort in erster Linie in der Zentrale des EAD und der dortigen Rechtsabteilung – mangels ausreichender Ausbilder in den EU-Delegationen, die den prüfungsrechtlichen Anforderungen der Station (Ausbildung unter Aufsicht von deutschen Volljuristen) genügen.

Die Rechtsabteilung ist im Beschluss des Rates über die Organisation und Arbeitsweise des EAD (2010/427/EU) explizit vorgesehen. Die Zentralverwaltung des EAD umfasst eine Rechtsabteilung, welche dem Generalsekretär untersteht und eng mit den Juristischen Diensten des Rates und der Kommission zusammenarbeitet. Jedes prominente Thema der EU-Außenpolitik gelangt über kurz oder lang auf die Schreibtische der Abteilung: Sei es die aktuelle Debatte zur "European Peace Facility", die Situation in der Ukraine, die verstärkte Zusammenarbeit in der Gemeinsamen Sicherheitspolitik (PESCO) oder die Einführung eines neuen EU-Sanktionsregimes.

Das multinationale Team besteht derzeit aus lediglich sechs Mitarbeitern, welche alle auf langjährige Erfahrung in EU-Institutionen oder mitgliedstaatlichen Außen- oder Verteidigungsministerien zurückgreifen können. Es bietet sich also – wenn man Interesse an einer entsprechenden Tätigkeit hat – die Möglichkeit, sich über Aufnahmeprüfungen und Karrierewege sowie die Vor- und Nachteile des Diplomatenlebens auszutauschen.

Die Tätigkeiten reichen von der Vorbereitung von Rechtsakten – entsprechend Artikel 30 Abs. 1 EUV fällt dem Hohen Vertreter ein Vorschlagsrecht zu – bis hin zu institutionellen, verwaltungs- und beamtenrechtlichen Fragen. Daneben fallen im Tagesgeschäft regelmäßig Fragen des Völkerrechts an: Beratung bei der Verhandlung völkerrechtlicher Abkommen der Union, die völkerrechtliche Bewertung internationaler Lagen sowie Fragen des Gesandtschaftsrechts. Wie geht zum Beispiel eine EU-Delegation damit um, wenn nach Jahren der Nutzung der Gesandtschaft plötzlich jemand Eigentumsansprüche für das Gesandschaftsgelände geltend macht, das Außenministerium des Gaststaates diese aber nicht mitgeteilt hat? Wie verhandelt man eine Kooperationsvereinbarung mit Drittstaaten für EU-Krisenmissionen? Und was sind die Auswirkungen des CETA-Gutachtens des Gerichtshofes der Europäischen Union?

Als Referendar "springt" man zwischen den verschiedenen Rechtsberatern, um einen möglichst umfassenden Einblick in die Tätigkeit zu gewinnen, bleibt grundsätzlich jedoch dem deutschen Ausbilder verbunden. Arbeitsaufträge umfassen hierbei die selbstständige Erstattung von Gutachten, Rechercheaufträge, Berichterstattung aus Ratsarbeitsgruppen und vieles mehr.

Auf einen Kaffee mit Mogherini

Durch die Arbeit kommt man auch mit Praktikanten der Kommission, des Rats und des Parlaments ins Gespräch. Außerdem sind etwa 30 weitere sogenannte Blue Book Trainees jeweils zu zwei Einstellungsterminen für fünf Monate in der Brüsseler Zentrale des EAD aktiv. Über diese erhält man Einblicke in andere Bereiche des Dienstes. Als Referendar ist man dabei in das Programm der Blue Book Trainees eingebunden. Das heißt, man besucht auch andere Institutionen wie z.B. den Rat oder internationale Organisationen (z.B. die NATO) und – falls sich die Gelegenheit bietet – trinkt man sogar Kaffee mit dem Hohen Vertreter selbst.

Auch für das Leben in Brüssel bleibt ausreichend Zeit. Am Rond Point Schuman gelegen, befindet man sich in unmittelbarer Umgebung zu den EU-Institutionen. Die berühmte Frittenbude "Maison Antoine" ist nur einen Katzensprung vom Standort des EAD entfernt. Die Metro-Anbindung im Herzen des europäischen Viertels sorgt für eine gute Erreichbarkeit aus allen Teilen der Stadt. Daneben stehen seit diesem Frühjahr Elektroroller zur Verfügung, die überall in der Stadt zu finden sind (Fun Fact: Die Roller in Deutschland sollen in Zukunft auf eine Geschwindigkeit von 20 Kilometern die Stunde gedrosselt werden, 27,5 Kilometer die Stunde schaffen indes die Brüsseler Exemplare).

Referendare müssen Englisch sowie Völker- und Europarecht beherrschen

Bewerben kann sich, wer die erste juristische Prüfung hinter sich gebracht hat und nachweislich einen Ausbildungsplatz für den juristischen Vorbereitungsdienst angenommen hat. Weiterhin werden sehr gute Kenntnisse des Europa- und Völkerrechts erwartet. Diese sollten (wenn möglich) durch einschlägige Praktika oder Nebentätigkeiten nachgewiesen werden.

Englisch (mündlich wie schriftlich) ist ein Muss, sicheres Französisch ist von Vorteil. Wer Interesse hat, sollte mit ausreichendem Vorlauf ein aussagekräftiges Anschreiben nebst tabellarischen Lebenslaufs sowie eine Kopie des Examenszeugnisses an die Abteilung schicken.

Die Anstellung erfolgt übrigens als stagiaire atypique – entsprechend der Übung von Kommission, Rat und Parlament. Bezahlt wird man also nicht. Die Stage beim EAD empfiehlt sich für jeden, der einen Einblick in den Arbeitsalltag der EU-Institutionen im Bereich der EU-Außenbeziehungen gewinnen möchte und sowohl Interesse an völker- und europarechtlichen als auch an außen- und sicherheitspolitischen Fragestellungen hat.

Der Autor Lukas Kleinert absolviert derzeit seine Wahlstation in der Rechtsabteilung des EAD. Die im Text wiedergebenen Ansichten spiegeln ausschließlich seine Perspektive wider und reflektieren in keiner Weise eine offizielle Position des EAD oder des Hohen Vertreters.

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