Examen in Bonn

Prüf­ling bei Klausur zusam­men­ge­bro­chen

von Pauline DietrichLesedauer: 3 Minuten

In Bonn ist ein Prüfling während einer Klausur zusammengebrochen. Unterbrochen wurde die Bearbeitungszeit nicht, es gab dafür Schreibzeitverlängerung. Nun steht das JPA in der Kritik - es hat aber wohl das Prüfungsrecht auf seiner Seite.

Wie das zuständige Justizprüfungsamt (JPA) Köln gegenüber LTO bestätigt, ist am vergangenen Montag ein Prüfling am Klausurstandort Bonn an der Campusmensa Poppelsdorf während der Prüfungszeit gegen 10 Uhr bewusstlos zusammengebrochen. Die Aufsichtspersonen hätten erste Hilfe geleistet und den Rettungsdienst verständigt. Nach 20 Minuten sei der erkrankte Examenskandidat von dem Rettungsdienst mitgenommen worden. Dem Prüfling geht es nach Angaben des JPA mittlerweile wieder gesundheitlich besser.

Dem JPA zufolge wurde die Klausur während dieser Zeit nicht formell unterbrochen. Allen Kandidatinnen und Kandidaten an diesem Standort sei jedoch eine Schreibzeitverlängerung in Höhe der Störungsdauer in Höhe von 20 Minuten gewährt worden. Gegen einen Abbruch der Klausur habe man sich dabei bewusst entschieden, sagte ein Sprecher des JPA gegenüber LTO. Ein solcher sei aus Gründen der Chancengleichheit nicht geboten gewesen. Es hätte schließlich bedeutet, dass alle Prüflinge an einem anderen Tag eine andere Klausur hätten schreiben müssen, was in Anbetracht der Dauer des Vorfalls und der vorangeschrittenen Bearbeitungszeit nicht verhältnismäßig gewesen wäre.

Für seine Entscheidung erntete das JPA in den sozialen Medien Kritik, nicht nur von ebenfalls in Bonn anwesenden Prüflingen. Wenn jemand in einer Klausur zusammenbricht, notfallmedizinisch versorgt und letztlich sogar mit ins Krankenhaus genommen werden muss, sei das ein so schockierendes Ereignis, dass ein Weiterschreiben nicht in Frage komme - insbesondere für diejenigen Kandidatinnen und Kandidaten, die bei Erste Hilfe geleistet hätten. Das JPA dagegen betont, dass ihnen nicht bekannt sei, dass andere Prüflinge für den Zusammengebrochenen Erste-Hilfe-Maßnahmen geleistet hätten. Das habe die Klausuraufsicht übernommen.

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Prüfungsrechtler: Klausurabbruch nicht verhältnismäßig

Unabhängig von dem tragischen Ereignis stellt sich die rechtliche Frage, ob das JPA die Klausur tatsächlich weiterlaufen lassen durfte.

Dem aufs Prüfungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt Christian Reckling zufolge hat das JPA im Fall vom Montag rechtlich zulässig gehandelt. Eine Klausuraufsicht müsse in so einer Situation zunächst immer beurteilen, ob eine Störung erheblich ist. In gravierenden Fällen wie diesem müsse die Aufsicht dann ihrer Amtspflicht nachkommen und von sich aus Abhilfe leisten, ohne dass die Prüflinge dies erst verlangen müssen. Der Grundsatz dabei laut Reckling: "Bei der Entscheidung über die Abhilfemaßnahme zur Wahrung und auch Wiederherstellung der Chancengleichheit ist seitens der aufsichtsführenden Person beziehungsweise der Prüfungsbehörde zu prüfen, ob die jeweilige Maßnahme geeignet und erforderlich ist."

Mit anderen Worten: "Ein Ausgleich durch eine Schreibzeitverlängerung dürfte in der Regel die geeignete Maßnahme sein", so der Prüfungsrechtler weiter. "Letztendlich geht es auch bei jeder Störung, unabhängig davon, ob es zum Beispiel ein Presslufthammer, Feueralarm oder eben auch ein Notarzteinsatz ist, um die Verhältnismäßigkeit der Abhilfemaßnahme." Grundsätzlich sei es bei all diesen beispielhaft genannten Störungen verhältnismäßig, eine Schreibzeitverlängerung in Höhe der Störungszeit zu gewähren.

Einen Klausurabbruch hingegen sieht der Prüfungsrechtler kritisch: "Man muss auch beachten, dass zur Zeit der Störung viele der Prüflinge schon tief in die Lösung der Klausur eingestiegen sein dürften. Diese wären bei einem Abbruch samt neuer Klausur an einem anderen Tag stark benachteiligt worden." Dass eine formelle Klausurunterbrechung am Montag ausblieb, schade dem Gebot der Chancengleichheit in diesem Fall nicht: Es gebe eben unterschiedliche Außeneinflüsse bei einer Examensklausur, so Reckling. Eine allgemeine Schreibzeitverlängerung von Amts wegen stelle in der Regel das angemessene Mittel für eine verhältnismäßige Abhilfe für alle Prüflinge dar.

Zu einer Nachklausur kam es hingegen in der Frühjarskampagne in Baden-Württemberg. Dass das rechtens war, haben sowohl Prüfungsrechtler als auch das VG Stuttgart geklärt. Chaotisch ging es für die Examenskandiat:innen dort dennoch weiter.

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