Satirische Videoclips übers Jurastudium

Viel Gefühl und ein bis­schen Neun­ziger

von Marcel SchneiderLesedauer: 6 Minuten
US-Bundesrichter Antonin Scalia ist tot, die Homo-Ehe erlaubt und der nächste Jahrgang graduiert bald: Diese und andere Themen haben Jurastudenten in den USA beim ATL Video Contest künstlerisch parodiert.

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Dozenten, die ewig zum Korrigieren brauchen, und die innere Zerrissenheit, ob man sich während der Klausurphase nicht doch einen Abend in der Lieblingskneipe gönnen möchte: Probleme dieser Art beschäftigen amerikanische Studenten nicht weniger als deutsche. Der US-Rechtsblog Above the Law (ATL) bietet ihnen die Möglichkeit, ihrem Ärger in einem Wettbewerb um das beste Satire-Musikvideo Luft zu machen. Der Law Revue Video Contest war mit einem Mix aus den Videos der letzten Jahre bereits in der Vergangenheit Thema auf LTO; inzwischen erfreut er sich so reger Teilnahme, dass hier nur die diesjährigen Finalisten vorgestellt werden sollen.   Den Anfang macht dabei die University of Texas School of Law. Für die musikalische Untermalung ihrer Forderung nach schnellerer Korrektur der Klausuren sorgt ein Hit der Backstreet Boys. Doch anstatt "I want it that way" verlangen die Südstaatler "Give me my grades today". Abgesehen von den durchweg ordentlichen Stimmen sorgt vor allem die von unten geführte Kamera je nach Gefallen für entweder wohlige oder grausige Erinnerungen an Howie, Alex, Nic & Co. in ihren weißen Outfits im Originalvideo. Zwar geht es im Clip für texanische Verhältnisse still und bedächtig zu, doch spielt dafür der Text auf Themen an, über die man nur ungern spricht, insbesondere im prüden Amerika: Studenten, die ihren Dozenten für gute Noten auf ein Date treffen, oder die gar nicht erst wissen, wo sich ihr Professor herumtreibt und weshalb die Benotung so lange dauert. Doch auch ganz ohne Skandal dauert es – zumindest aus studentischer Sicht – häufig viel zu lange. Wenn das der Texas Law Hawk wüsste!

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Die Jahre bis zum Abschluss sind für deutsche wie für amerikanische Studenten anstrengend und hart. Doch während es hierzulande mit dem Examen kurz vor dem Ende erst richtig los geht, ist es für die 3Ls, also die Law-School-Besucher im dritten und damit gewöhnlich letzten Jahr ihres Studiums, eher umgekehrt: Sie haben die meisten Prüfungen hinter sich, häufig schon einen gut bezahlten Job in Aussicht und vergleichsweise viel Zeit. In dieser können sie auch ihr Dasein als "Ersti" Revue passieren lassen und entsprechend sentimental werden – denn immerhin geht ein Lebensabschnitt zu Ende. Genau dieses Gefühl thematisiert die Truppe der University of Virginia School of Law – allerdings mit einer gehörigen Portion Humor. Wie Adele wollen sie nur Hallo sagen, genauer gesagt: "Hello from the 3L Side".   Bekanntlich landete der britische Superstar mit "Hello" musikalisch einen internationalen Hit, erntete für das allzu rührselige Video im Internet allerdings einigen Spott. Den greift auch der ATL-Beitrag auf, der weniger durch seinen Text, als durch seinen Dreh für Lacher sorgt, wenn der männliche Teil des singenden Duos vor die Kamera tritt. Mit vollem, zerzaustem Haar singt der stattlich-vollbärtige junge Mann im Fellmantel vor einem alten Landgut in die Linse und hält in den Gesangspausen den Kopf in den Wind, als wolle er den nahenden Abschiedsschmerz in vollen Zügen genießen. Für einen Welthit reicht das nicht, für den Einzug ins Video-Contest-Finale aber allemal.

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Derzeit noch mehr Klicks als Adeles "Hello" hat Wiz Khalifas Hymne zum Tod des Schauspielers Paul Walker. Aus "See you again" machten die Studenten der Northwestern University Pritzker School of Law anlässlich des Todes von US-Bundesrichter Scalia ein "Cite you again", denn was Walker für die Besetzung der The-Fast-and-the-Furious-Filmreihe war, war Scalia für den Supreme Court der USA. Sein großes Sendebewusstsein und sein oft donnernder, scharfer und spöttelnder Ton haben ihm schon zu Lebzeiten einen weit über Juristenkreise hinausreichenden Grad an Bekanntheit eingebracht und wurden vergangenes Jahr mit einem eigenen Videobeitrag bedacht. Die Produktionsqualität des Videos sticht nicht besonders hervor, dafür werden im Text die Charakterzüge des konservativen Ex-Richters aufs Korn genommen, ohne die Schwelle zur Respektlosigkeit zu übertreten. Scalia war als Hardliner bekannt, der andere Meinungen als die eigene nur schwerlich akzeptiert haben soll. Im Video selbst spielt das Team auf seine freundschaftliche Beziehung zur amtierenden Supreme-Court-Richterin Ruth Bader Ginsburg an, die dem liberaleren Lager zugeordnet wird. Anhand des Refrains "It's been a long term without you my friend, and I'll tell you all about it when I write a dissent" wird aber auch klar, dass nicht nur seine ehemalige Kollegin, sondern auch die Studenten seine Ausführungen vermissen.

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Die Legalisierung der Homo-Ehe in den USA im vergangenen Sommer zählt zu den bedeutendsten Entscheidungen des obersten US-Gerichts. Dass dieses Thema auch im Video-Wettbewerb aufgegriffen würde, stand daher so gut wie fest. Mit seiner Interpretation der Thematik schaffte es das Team des Georgetown University Law Center bis ins Finale. Grund dürften gleich zwei Besonderheiten sein: Die neun Sänger, die je einen der zu diesem Zeitpunkt ebenfalls neun US-Richter spielen, singen größtenteils A capella und zudem ein Medley aus gleich mehreren bekannten Titeln. Gesanglich ist es immerhin so gut, dass man die Lieder beim ersten Hören nach einigen Sekunden identifizieren kann. Die Details liegen dann im Text, in den Argumente aus den Urteilspassagen der historischen Entscheidung mit eingebaut sind. Vor allem die Auslegung der Verfassung ("This wouldn't fly in 1787") durch das konservative Lager und die letztlich siegreiche liberale Ansicht ("This opinion's our legacy") kommen so auf kreative Weise zur Geltung. Ein paar hintergründige Witze haben die Studenten ebenfalls versteckt. So verkündet Justice Thomas, der bis vor kurzem jahrelang in mündlichen Verhandlungen geschwiegen hatte, seine Meinung zu Beginn des Clips bloß mit einem Kopfschütteln. Ein zweites Mal ansehen kann also nicht schaden.

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Im Klausuren- oder Examensstress braucht man auch mal eine Pause, was manchen in Gewissensnöte stürzt. Die Lösung dieses Dilemmas sind "Outlines" – zumindest, wenn es nach dem Beitrag der George Washington University Law School geht. Der Begriff lässt sich am ehesten mit "Zusammenfassungen" oder "Mitschriften" übersetzen. Zeit beim Lernen sparen? Arbeite mit Outlines! Heute mal das Repetitorium ausfallen lassen? Ein Kommilitone kann dir sicher später seine Outlines zum Kopieren geben! Ganz bestimmt. Outlines sollen also Zeit zum Feiern freischaufeln. Passend zum Stichwort "Party" hat sich die Gruppe für "Downtown" von Macklemore entschieden. Wie der Rapper aus Seattle kleiden sich die Darsteller wild und bunt und auch Rap und Gesang wechseln sich dem Original entsprechend ab. Das sicherlich beeindruckendste aber dürfte die Tanz-Performance der Studenten sein: Mit viel Bewegung und ruckartigen Aktionen bei fließender Kameraführung stellen sie die Konkurrenz in Sachen Dynamik in den Schatten. Bei der ganzen Gute-Laune-Atmosphäre beinhaltet das Video aber auch eine ernste Message: Jurastudierende sollten auch mal einen Gang runterschalten. Ob Outlines dafür der richtige Weg sind, muss wohl jeder für sich entscheiden.

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Es gibt Menschen, denen die Erfolge nur so zufliegen. Geld und Einfluss, dazu ein sagenhaftes Renommee und natürlich ein perfekter Lebenslauf: So ein Mann scheint der aktuelle Dekan der New York University School of Law, Trevor W. Morrison, zu sein. Glaubt man seiner Vita, hat er unter anderem für US-Präsident Barack Obama gearbeitet. Jedenfalls haben ihm seine Studenten anlässlich seiner Ernennung ein Video gewidmet – und das hat es in sich. Im Clip spielen sie den Werdegang des gebürtigen Kanadiers nach, der seinen Schützlingen mit seiner scheinbar perfekten Art gehörig auf den Geist geht ("I'll be great, I'll be great!"). Dabei bleibt auch der Seitenhieb auf die Kommilitonen der Columbia Law School nicht aus, an der Morrison vorher unterrichtete. Neben dem flüssigen Text besticht das Video vor allem mit seiner Produktionsqualität: Die gesamten drei Minuten und 58 Sekunden sind ohne Schnitt gedreht worden. Das hat gewiss nicht im ersten Versuch geklappt, weswegen das Team wohl eine ganze Menge Geduld aufbringen musste – vielleicht fällt von dieser auch etwas auf ihren neuen Dekan ab? Welcher der sechs eingereichten Finalbeiträge gewonnen hat, erfahren Sie hier.

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