Studienwahl

Sollte ich Jura stu­dieren?

von Sabine OlschnerLesedauer: 5 Minuten

Nicht wenige Studenten geben auf dem Weg zum Examen auf oder quälen sich nur mit Mühe bis zum Ende durch. Ob man wirklich Jura studieren sollte, ist auch nicht ganz einfach herauszufinden. Sabine Olschner hat Tipps zusammengestellt.

Im Gegensatz zu manch anderen Studienfächern ist Jura kein Fach, das man bereits aus der Schule kennt. Mit dem Jurastudium betreten frischgebackene Abiturienten Neuland. Da ist es nicht ungewöhnlich, wenn man die Anforderungen unterschätzt, die dieses Studium stellt.

Doch auch wenn Jura in der Schule nicht gelehrt wird: Es gibt trotzdem einige Schulfächer, die zur Vorbereitung auf ein Studium der Rechtswissenschaften hilfreich sein können. "Deutsch, Mathematik und eventuell Latein", nennt Marion Huck von der Juristischen Studienberatung der Universität Trier drei Beispiele. "Im Fach Deutsch lernen die Schüler, mit Sprache umzugehen. Im Juristischen geht es schließlich viel ums Schreiben und ums korrekte Formulieren", so die Studienberaterin. "Latein und Mathematik sind gut, um das logische Denken zu schulen." Das sind aber bei weitem nicht alle nützlichen Fächer. Marceli Riecker von der Fachschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin hatte zum Beispiel Politik als Leistungsfach. "Das hilft mir besonders im Bereich Öffentliches Recht", berichtet der Jurastudent.

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Axel Zibulski, Studienfachberater Jura an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, hält es für ein gutes Indiz, wenn Jurastudenten Lust haben, mit Sprache zu arbeiten. "Man sollte gut argumentieren und es auch mal aushalten können, wenn sich herausstellt, dass es im Juristischen keine echten Wahrheiten gibt." Außerdem hält er Interesse für gesellschaftliche und soziale Themen für eine wichtige Grundlage. "Schließlich steht Jura immer im Kontext zu irgendeinem Lebensbereich." Daher sei es wichtig, so Zibulski, dass man bereit ist, sich gern mit Menschen und den Situationen, in denen sie sich befinden, auseinanderzusetzen. Huck fügt hinzu: "Man sollte sich eine eigene Meinung bilden können, indem man viele verschiedene Standpunkte liest. Erst wenn ich andere Meinungen kenne, kann ich entscheiden, ob ich mich zum Beispiel der herrschenden oder einer Mindermeinung anschließe."

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Jura hat Eigenarten

Neben den inhaltlichen Dingen, die für Studienanfänger neu sind, kommen auch organisatorische Anforderungen auf die ehemaligen Schüler zu. Dass man als sich Student selbst seinen Studienalltag gestalten muss statt wie in der Schule einen Stundenplan vorgesetzt zu bekommen, gilt zwar nicht nur für Jura. Die Rechtswissenschaften sind aber noch ein Examensstudiengang, was viele Unterschiede im Vergleich zu den Bachelor-Master-Abschlüssen bringt. Juraspezifisch ist zum Beispiel, dass es für viele Veranstaltungen keine Anwesenheitspflicht gibt. Aneignen müssen sich die Studenten die Inhalte natürlich trotzdem – und zwar selbstorganisiert.

Nur: Wie viel Zeit sollte man als Juraanfänger einplanen? Was ist womöglich zu wenig, ab wann reicht der zeitliche Einsatz aus? Wer sich etwa entscheidet, zu den Vorlesungen zu gehen, sollte sich laut Zibulski nicht überfordern. Seine Faustregel: "20 Stunden Vorlesungen in der Woche hören sich im Vergleich zu einem vollen Schulstundenplan erst einmal nach wenig an. Aber meiner Ansicht nach reicht das vollkommen aus, wenn man sich ordentlich auf die Zwischenprüfungen vorbereiten will."

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Auch die Zeit, die man braucht, um sich in die Fächer einzuarbeiten, sei nicht zu unterschätzen. "Viele Erstsemester sind deshalb auch mit der Stoffmenge im Jurastudium überfordert", weiß Fachschaftsvertreter Riecker. "Meiner Ansicht nach müssen Jurastudenten mehr lernen als Studenten vieler anderer Fächer, um bei Hausarbeiten und im Examen gute Ergebnisse zu erzielen. Die Freizeit bleibt dabei nicht selten auf der Strecke."

"Vielleicht sind Jurastudenten heute weniger leidensfähig"

Auch die Notenvergabe und -skala sind bei den Rechtswissenschaften anders. Wer es gewohnt war, in der Schule immer mit Einsen und Zweien zu glänzen, wird zunächst schlucken müssen, wenn er nur ein Ausreichend erhält (das es übrigens "schon" ab vier von 18 möglichen Punkten gibt). Ein Vollbefriedigend gilt im Jurastudium bereits als ausgezeichnetes Ergebnis. "Man braucht hier eine hohe Frusttoleranz und darf sich nicht von den vermeintlich schlechten Ergebnissen runterziehen lassen", betont Beraterin Huck.

Auch dass die Durchfallquote im juristischen Examen hoch ist, sollten sich Studienanfänger bewusst machen. Hucks Rat: "Wer nach dem zweiten Semester merkt, dass er trotz allen Lernens mit den Noten nicht in den ausreichenden Bereich kommt, sollte überlegen, ob er nicht doch vielleicht ein anderes Studienfach wählt statt sich bis zum Ende durchzuquälen und dann doch nicht zu bestehen."

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Zibulski, der seit 2009 in der Studienberatung arbeitet, hat zudem beobachtet, dass heutzutage weniger Juraabsolventen das Referendariat und das zweite Staatsexamen machen als früher. "Vielleicht sind Studenten von heute weniger leidensfähig", vermutet er. Nicht umsonst gelte der Spruch: "Das Jurastudium ist ein Marathon, kein Sprint."

Echtes Interesse erhöht die Erfolgschancen

Was können angehende Jurastudenten also tun, um nicht vom Studium enttäuscht zu werden? Student Riecker rät Schülern, sich vor Studienbeginn einfach mal in juristische Vorlesungen zu setzen, um herauszufinden, ob ihnen das juristische Denken liegt. "Strafrecht finde ich eine gute Wahl für den Anfang, weil die Inhalte oft lebensnah und noch nicht so kompliziert sind", sagt er. Auch Gespräche mit Studienfachberatern an den Fakultäten oder Vertretern der Fachschaft Jura können sehr aufschlussreich sein. Vor allem Letztere stecken selber mitten im Studium und können aus der Praxis berichten.

Manche Universitäten bieten auch einen Tag der offenen Tür an, bei dem Schüler die Studienfächer kennenlernen können. Das Gleiche gilt für Studienmessen. Ferner gibt es bei den örtlichen Arbeitsagenturen einen studienfeldbezogenen Beratungstest für Rechtswissenschaften. In verschiedenen Aufgabenstellungen können Studieninteressierte ihr Abstraktionsvermögen, ihr logisch-analytisches Denken und ihre Kompetenz im sprachlichen Ausdruck testen.

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"Um an einem Jurastudium Spaß zu haben, reicht es auf jeden Fall nicht aus, gern Krimis zu lesen oder einen starken Sinn für Gerechtigkeit zu haben", betont Huck. Wer mit dem Motto "Mir ist kein anderes Fach eingefallen" ans Jurastudium herangeht, sollte etwas mehr Zeit in die Entscheidungsfindung stecken, so ihr Tipp. Zibulski ergänzt: "Nur wer echtes Interesse und Freude am Fach hat, wird das lange und anspruchsvolle Studium durchhalten."

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